ORWOcolor/ORWOchrom in C-41/E-6 ?

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[quote name='Eugen Mezei' post='9744' date='17-09-07, 02:47 ']Peter, das war gar nicht emotional. Es war einfach eine Feststellung; das Resultat dessen was Du vorhattest dazu veruschen wäre identisch gewesen damit den Film einfach aus der Patrone zu ziehen.[/quote]

Ich hab's doch schon lange gewusst. In der Patrone ist der Film aufgewickelt. Ent-Wickeln bedeutet nix weiter, als den Film aus der Patrone zu ziehen. Die Labore betrügen uns!
Bleibt dran, am Sucher.



--Uwe
[quote name='Eugen Mezei' post='9744' date='17-09-07, 02:47 ']... und da merkst Du, daß Dir nur ein einziger Schritt gefehlt hätte den Film richtig zu entwickeln.[/quote]

dann klär mich doch mal bitte auf. ich habe es vielleicht wirklich nicht richtig verstanden. Meines Erachtens ist es so, bitte korrigieren:

Ich habe 4 Bäder. Das erste (Entwickler) entwickelt die durch die Belichtung des Silberhalogenids mit "angeregten" Farbkuppler. Ob der Entwickler auch das Silberhalogenid zu Silber reduziert, ist mir nicht klar. Das zweite Bad (Stoppbad) stoppt den Entwicklungsvorgang. Das darauffolgende Bleichbad wandelt metallisches Silber (es müsste also "schwarzweiß entwickelt worden sein?) in lösliches Silbersalz um, damit das vierte Bad, der Fixierer, alle unbelichteten Silberhalogenide und alle ("belichteten") Silbersalze auswäscht.

Wenn ich ein Diapositiv erhalten möchte, muss ich vorab eine Schwarzweißentwicklung ohne Fixierung durchführen, die mir die belichteten Stellen in metallisches Silber umwandelt. Damit scheint der Farbentwickler auf die Farbkuppler dieser Stellen keine Wirkung mehr zu haben. Im nächsten Schritt der Zweitbelichtung, die optional auch chemisch erfolgt, entsteht dann logischerweise ein Negativ vom Negativ. Alle weiteren Schritte sind identisch mit der Farbentwicklung, wie oben beschrieben. Der Farbentwickler entwickelt die Kuppler des Positivs, das Bleichbad wandelt alles Metallsilber in Salz zurück, der Fixierer entfernt sodann dieses Silbersalz. Die Farbkuppler des Negativbildes werden nicht zu Farbstoff, weil die Schwarzweißentwicklung sie wie auch immer blockiert.

Mehr oder weniger richtig? Völlig falsch?

Bitte um Aufklärung...

Peter.
[quote name='orwograph' post='9751' date='20-09-07, 11:36 ']dann klär mich doch mal bitte auf. ich habe es vielleicht wirklich nicht richtig verstanden. Meines Erachtens ist es so, bitte korrigieren:[/quote]



Hallo Peter,



so grob hast Du es geschnallt. Im heutigen Farbfilm (das war bei den älteren nach Art von Agfacolor/Kodachrome noch anders) befinden sich in der Emulsion pro Schicht mehrere Dinge: Ein Silberhalogenid, damit die ganze Chose lichtempfindlich wird, diverse Hilfsstoffe (damit sich das Zeug nicht selbst entwickelt) und unter anderem *wichtig* pro Schicht ein sog. "Farbkuppler".

Letzterer sorgt nach dem Prozess für die entsprechende Spektralfarbe der Schicht.



Bei der Farbnegativentwicklung geht (extrem vereinfacht!) nun folgendes vonstatten:

Der Entwickler (CD-irgendwas) entwickelt zunächst ein latentes Silberbild zum sichtbaren Bild. Weil der Entwickler zu den in den jeweiligen Schichten vorhandenen Farbkupplern passt, gibt es in Nachbarschaft zum Silberbild auch noch die Reaktion von nicht sichtbarem Farbkuppler zur Farbwolke.

Im Bleichbad wird das Silberbild weggebleicht (sonst wäre das gewünschte Buntbildnegativ an den entscheidenden Stellen noch lichtundurchlässig vom Silberbild) und im Fixierbad unbelichtetes/unentwickeltes Silberhalogenid entfernt.

Übrig bleibt ein silberfreies Negativ, das nur über die Farbinformation verfügt. Deshalb weisen Farbfilme auch kein Korn, sondern eher eine "wolkige" Struktur auf.



Farb-Dia geht im Prinzip genauso, nur kommt vorher (vor der Farbkupplung!) eine klassische SW-Umkehr-Entwicklung mit heute zumeist chemischer Umkehrung. Letztere geht bei SW auch u.a. mit Zinn(II)-Chlorid.



Dein Problem bei diesem alten Farbfilm besteht nun in folgender simpler Tatsache: Der Entwickler muss das richtige mit den im Film enthaltenen Farbkupplern anfangen können, damit die richtigen Farben rauskommen. Und diesen Entwickler gibt es nicht mehr (leider auch fast keine tauglichen Selbstansatz-Rezepte).



Deshalb schrieb Eugen, dass Du den Film gleich bei Tageslicht aus seiner Spule "ent"-wickeln kannst wenn Du C41 auf ihn loslassen willst. Gecrosst wird in C41 nichts, eher gekillt. Crossen ist, wenn man einen E6-(=Dia-)Film in C41 wirft und eben nicht umkehrt. Das geht und liefert die muntersten Falschfarben, ebenso wie ein C41-Film im E6-Prozess. Weil in beiden Fällen die Entwickler irgendetwas mit den Farbkupplern der Emulsion anfangen können.

Das dürfte bei Orwocolor/Orwochrom in C41/E6 aber eher nicht der Fall sein (meine Vermutung nach Blick ins Chemiebuch und Blick auf die Strukturen der Entwickler/Farbkuppler).



Beste Grüße,

Franz
Also ich kann zu so munterem, unvoreingenommenem Experimentieren nur raten.

Natürlich macht man das nicht mit den unwiederbringlichen Hochzeitsbildern, sondern mit Testbildern und/oder Filmschnipseln!

Ich habe gestern auch mal wieder wild (und gänzlich ohne meine begrenzten Chemiekenntnisse anzuwenden) rumexperimentiert und wunderbare Ergebnisse erhalten. Nun weiß ich, dass E6-Film in RA-4 bei Raumtemperatur durchaus farbige Bilder bringt, gegen die "normales" Crossen allerdings Kindergarten ist.

Und ich weiß, dass R3-Papier in RA-4 zwar ein farbiges Bild bildet, allerdings hinter einer Silberschicht versteckt scheint. Da werde ich demnächst mal freimütig mit Bleichbären experimentieren.

C-41 wiederum nicht zu bleichen sondern nach der CD nur zu fixieren kann auch ganz wunderbare, kontrastüberzogene Bilder mit Korn und "Gangsta-Style" hervorrufen.

Bis man so etwas gezielt für ein Motiv anwenden kann, vergeht bestimmt Zeit -- beherztes Rumexperimentieren ist aber die Grundlage, solche Techniken überhaupt zähmen zu können!

Last but not least: Mit der Ausnahme des K40 habe ich bisher mit *jedem* Super-8-Film in E6 irgendwie ein (falsch-)farbiges Bild erhalten. Auch mit Orwo UT-Materialien.
ja, finde ich auch - experimentieren ist wichtig, um zu irgendwelchen neuen Ergebnissen zu kommen. dass dies oder das überhaupt nicht funktionieren _könne_, ergibt sich aus der Theorie, wie die Praxis aber zeigt, kann ich sehr wohl neue C-41-Filme in uralt-ORWO entwickeln und bekomme interessante farbige Ergebnisse. die umgekehrte Sache (ORWO in C-41 bei 21 Grad Celsius) steht noch zu probieren aus. aber wenn doch Farbkuppler und Farbchemie so unterschiedlich sind, dürfte ja auch der C-41 im CD-1/CD-2 nichts ergeben. tut er aber, weiß der Himmel warum, und wir erhalten sehr schöne retromäßige Farben mit leichtem Magentastich:

[Image: 1408524323_2064d8f56f.jpg] [Image: 1409401770_e87234127c.jpg]

mal gucken, ob ich irgendwo billig ein C-41-Kit auftreibe, dann probier ich noch den ORWOcolor aus.

gruß

peter.
Wen es interessiert, Tetenal hatte einst ein universelles Neofin-Color. Man konnte damit tatsächlich alle damals (ca. 1974) erhältlichen Farbnegativ-Filme entwickeln, und zwar sowohl den Agfa- als auch den Kodak-Prozess.

Als entwickelbare Filme werden aufgezählt:

Agfa-Gevaert:

Agfacolor CN14

Agfacolor CN17

Agfacolor CNS

Foto-Quelle:

Revuecolor 2000

Fuji:

Fujicolor N100

Fujicolor NK

Kodak:

Kodacolor-X

Ektacolor-S

Ektacolor-L

3 M:

Color Print

Turaphot:

Turacolor Negativ Universal

Turacolor Negativ Mask

VEB-Filmfabrik Wolfen:

Orwocolor NC16

Dann liegt noch ein rosa Blatt dabei mit Entwicklungshinweisen für Kodacolor II (21 min bei 20°C).

Einfach lustig zu sehen, wie die Filme damals so hießen. Ein CN14 wäre heute sicher auch ein Spaß, bei der Empfindlichkeit und dem Schwarzschildverhalten hätte der unbelichtet auch nach 50 Jahren noch keinen Schleier.

Welcher CD in Neofin-Color damals drin war, weiß wohl nur Tetenal.

Vor 12 Jahren habe ich mal versucht, den Neofin-Color aus Rohchemie nachzubasteln und dabei von der in "Beutler, Meine Dunkelkammerpraxis" S.99 angegebenen Rezeptur mit CD1 ausgegangen. Als Testfilme benutzte ich Agfa Optima 125 und Ultra, also C41-Filme in CD1. Die Ergebnisse waren: Masken viel zu intensiv und bei jedem Durchgang etwas andersfarbig. Ergab also richtige "Buntfilme". Aus Zeitmangel habe ich diese Versuch dann nicht weiterverfolgt.

Gruß Wolfgang
Wolfggg, von den Filmen in der Liste ist aber keines C41.

Experimentieren finde ich auch i.O., nur ist es -für mich zumindest- viel interessanter, wenn man da auch einen theoretischen Hintergrund damit erkunden kann. Wenn etwas nicht funktionieren kann, eben weil es theoretisch als nicht funktionierbar nachgewiesen ist, sehe ich da keine Veranlassung, da noch alchimistische Turnübungen zu machen. Auch dass es in die eine Richtung funktioniert, heißt nicht, es ginge auch rückwärts, da ist ein Fehler in der Logik.

Eugen
[quote name='orwograph' post='9751' date='20-09-07, 12:36 '][quote name='Eugen Mezei' post='9744' date='17-09-07, 02:47 ']

... und da merkst Du, dass Dir nur ein einziger Schritt gefehlt hätte, den Film richtig zu entwickeln.[/quote]



[/quote]



[Erklärungsversuch]



Quote:Mehr oder weniger richtig? Völlig falsch?

Bitte um Aufklärung...



Peter.



Eigentlich falsch, den wichtigsten Teil, der den Unterschied ausmacht, hast du begriffen. Vor dem Farbentwickeln wird eine SW-Entwicklung gemacht, nachdem die Zweitbelichtung folgt, vor der Farbentwicklung.



Warum holst du dir nicht einfach Teichers Buch? Dort sind die einzelnen Schritte erklärt und die Abfolge sogar graphisch dargestellt.

Die komplette Rezeptur ist auch angegeben, du könntest dir beide Kits (negativ und dia) für den Agfa/ORWO-Prozess nachbauen. Dürfte gar nicht so schwer sein, sind recht zugängliche Substanzen.



Teichers Buch empfiehlt sich auch, um viele andere theoretische Aspekte der Fotografie und der fotografischen Prozesse zu verstehen.



Eugen
(This post was last modified: 19-10-2007, 11:35 PM by Eugen Mezei.)
Hallo Eugen,

für so Deppen wie mich wäre eine ISBN oder sonstwie geartete exakte Buchbeschreibung recht nett.

Also so das übliche: Titel, Verlag, Autor. Dann findet man auch den Teil der Literatur aus dem RGW, der ohne ISBN nur lokal veröffentlicht wurde. Außerdem verhindert es sinnlose Suchen in Antiquariatskatalogen.

Beste Grüße,

Franz
Teicher, Gerhard. Handbuch der Fototechnik

VEB Fotokinoverlag Halle

Ich habe die 1. Auflage von 1963.

Lokal ist das sicherlich nicht, es gab sogar mehrere Auflagen. Ist ein Standardwerk.

Auch sehr zu empfehlen und das ORWO Prozess ist dort auch beschrieben:

Stapf, Helmut. Fotografische Praxis

Fachbuchverlag Leipzig

Da habe ich die 6. Auflage von 1960. Dieses Buch wurde aber auch ins Ungarische und Rumänische übersetzt, ich meine irgendwo auch ein polnisches Exemplar aufgeführt gesehen zu haben. War also auch im Ostblock bekannt. Ist aber dünner als Teicher und nicht so umfangreich/deckt ein paar Gebiete weniger ab.

Eugen



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