Kodak, ach Kodak :(

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Ein Leben ohne Tri x 400 ist möglich, aber trotzdem <img src='http://forum.fotoimpex.de/public/style_emoticons/<#EMO_DIR#>/sad.gif' class='bbc_emoticon' alt=':(' />
Och, vlt. findet sich ja jemand der das Patent kauft

und den Film am Leben hält.



Wenns Adox nicht macht, vlt. ein Chinese. Denen

würde es nichts schaden, wenn sie über das Know-How

für anständige Filme verfügen würden.
(This post was last modified: 18-10-2011, 08:19 AM by Gerd.)
Quote:vlt. findet sich ja jemand der das Patent kauft

Das habe ich jetzt schon öfter in verschiedenen Foren gelesen.

Leider geht es so einfach nicht.

Es gibt kein "Patent" für den TRI-X. Es gibt überhaupt gar nichts immaterielles was man kaufen könnte (selbst wenn Kodak es verkaufen wollte) um dann hinterher einen TRI-X damit zu machen.

Das ist auch unabhängig von der kulturellen Prägung oder dem geografischen Standort (Chinese, Deutscher, Amerikaner).

Jeder kann einen TRI-X herstellen, überall.

Wir benötigen dazu:

- Ein paar Kessel mit speziellen Mixern, Wärme, Kälte, Strom, Dunkelheit, ein Gebäude
- 1 Kristallbildungs-Experten
- 1 Emulsionierungsexperten
- 1 Beguss-Experten
- Eine Heerschar von Chemisch-technischen Assistenten mit vielen kleinen Töpfen, Rührern und Handrakeln (OK, hier hätte China einen Vorsprung)
- Zugang zu einem Elektronen-Rastermikroskop (die Uni um die Ecke)
- Silbernitrat
- Kaliumbromid, eventuell noch ein paar andere Salze
- Hochreine Gelatine
- Zugriff auf eine Synthese für Stabis (am Anfang von der Stange)
- Zugriff auf eine Synthese für Sensis (Am Anfang von der Stange)
- Ein Sensitometer
- Ein Densitometer
- Einen Spektographen (Kann man sich auch behelfen)
- Eine kleine Konfektionierung um Funktionsproben zu erstellen
- Zugang zu einer Gießmaschine

...und ein bis zwei Millionen EUR für Löhne und Verbrauchsmaterialien.

Nach ein bis zwei Jahren können wir dann TRI-X -bzw. einen Film der von Euch nicht von einem TRI-X unterschieden werden kann, da er sich in allen messbaren und erfahrbaren Parametern so verhält wie ein TRI-X- herstellen.

Kodak hat diese Millionen bereits verteilt auf die letzten 70 Jahre (oder wann gab es nochmal den ersten TRI-X?) schon bezahlt.

Lassen wir alles unangetastet in Rochester und arbeitet die Mannschaft so weiter wie sie ist, fällt dieser Betrag weg.

Ändern wir nur eine kleine Sache am eingespielten Prozess sind alle Rezepturen nahezu überflüssig.

Nun gut. Wir sind fertig, um 2 Millionen ärmer und der erste TRI-X läuft vom Band. Wir arbeiten hocheffizient, vergleichbar mit Kodak auf modernen Maschinen und produzieren Losgrößen die für jeweils ein Jahr die zu erwartenden Verkäufe abdecken.

Wir gießen ihn, wir schneiden ihn, wir stanzen Löcher rein, signieren ihn, spulen ihn, verpacken ihn, wir legen ihn ins Regal und laden stolz ein Bild auf unsere Webseite.

Dann rechnen wir alles zusammen was es kostet den Film zu produzieren (reine variable Kosten) und sehen im Internet nach was ein vergleichbarer Film eines Wettbewerbers kostet und müssen feststellen, dass wir an jedem Film nicht mal das verdienen dürfen was wir als Risikoprämie, für mit bekannter Wahrscheinlichkeit eintretende Ausfälle, rechnen müssten.

Vom Einspielen der Anlaufverluste ganz zu schweigen. Egal ob sie moderat, hoch oder sehr hoch waren (in China geht es natürlich preiswerter).

Fazit: Wir benötigen keinen Chinesen um weiter mit TRI-Xen zu fotografieren sondern einen den Umständen gerechten Preisanstieg oder einen Dummen mit sehr viel Geld (oder Rückkehr zum analogen Fotomarkt der 90iger Jahre, dann lösen wir das Preisproblem über die Masse).

In den beiden Fällen ohne den Dummen, könnte Kodak aber auch einfach so weitermachen...... ;-)

Firmen mit dem Niveau einer Kodak gehen nicht aus technologischen Gründen Bankrott, sondern aus kaufmännischen.

Mir ist bekannt, dass Perez bei Film abzwackt und in Digital versenkt aber wir sollten uns nichts vormachen.

Ich denke dass Kodak im schlimmsten Fall diejenigen Betriebsbereiche die profitabel sind, abspaltet.

Da wäre dann die Frage ob S/W profitabel ist oder nicht.

Ich kann das nicht beantworten, da zu viel technische Anwendungen dahinter stehen.

Dass die Produktion von TRI-Xen zu 2,59 EUR netto Endverbraucherpreis langfristig profitabel sein soll, kann ich mir allerdings nicht vorstellen.

Ich verstehe einfach nicht warum Kodak es nicht schafft für den berühmtesten Film der Welt, trotz hoher Preissensibilität der Konsumenten, nicht 3,50 EUR zu erlösen.

Dann wäre alles OK und die Schornsteine könnten wieder rauchen.

Stattdessen lassen die sich vom Markt treiben und gehen bankrott.

Viele Grüße,

Mirko
(This post was last modified: 18-10-2011, 07:54 PM by Mirko Boeddecker.)
mit anderen Worten: die Materialien die wir verwenden werden mit Sicherheit teurer werden (müssen?) damit sie uns erhalten bleiben. Abgesehen von Resteverkäufen. Keine schöne Aussichten, aber wir, der Markt haben es in der Hand.

Peter
Hallo Peter,

genau. Aber was ich auch sagen wollte war, dass es nicht Unsummen sind.

öer wirtschaftlich oder unwirtschaftlich (respektive Leben oder Tod) auf der Herstellerseite entscheiden oft nur moderate Veränderungen im Endverbraucherpreis. Aber da die Verbraucher von Schwarzweissfilmen gemeinhin unglaublich preissensibel sind (auf dieser Preissensibilität habe ich meine Firma aufgebaut, mir sie sozusagen zu Nutze gemacht: "Fotokünstlerbedarf zu erfreulichen Preisen aus Osteuropa" dafür stand Fotoimpex viele Jahre) schaffen es die Hersteller immer wieder nicht, in diesem Markt das für die Produkte zu erleben, was sie zum Überleben benötigen.

Hier wäre ein nachhaltigerer Gesamtansatz wünschenswert. Aber wenn ich mir in anderen Foren so durchlese was dazu geschrieben wird, habe ich wenig Hoffnung.

Viele Grüße,

Mirko
[quote name='Zeze' timestamp='1318853097' post='13456']



Ein Leben ohne Tri x 400 ist möglich, aber trotzdem <img src='http://forum.fotoimpex.de/public/style_emoticons/<#EMO_DIR#>/sad.gif' class='bbc_emoticon' alt=':(' />

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Ich möchte hier einmal einen etwas anderen Gedanken weitergeben. Ich bin einige Male eingeladen worden, Filme und Entwickler zu testen. Das meiste davon hatte ich vorher nie in Benutzung.



Ich bin ziemlich überzeugt, dass man nahezu jede bildnerische Anmutung mit jeder Film/Entwicklerkombination hinbekommt. Die wenigen Unterschiede lassen sich im Labor ausgleichen. Wenn ein Film wegbricht, dann sind die eigenen Erfahrungen, das "Darauf-Eingeschossensein" im Eimer, viel mehr nicht.



Was ist das "Eigene" an einem (klassischen) Film?

- Empfindlichkeit und Korn. Hier kann niemand zaubern, alle Filme derselben Empfindlichkeitsklasse sind ~gleichermaßen könig. Ausreißer gibt es nur zur schlechten Seite hin.

- Die Sensibilisierung. Hier gibt es tatsächlich Unterschiede, das kann man nicht ohne weiteres ausgleichen. Betonte Rotempfindlichkeit, oder ausgesprochen geringe Rotempfindlichkeit bis hin zum orthochromatischen Film, das kann man mit einem normalen Pan-Film nur nachempfinden, wenn man filtert. Dann büßt man aber Empfindlichkeit ein. In dieser Hinsicht war aber TriX nix besonderes, nicht viel anders als die anderen 400er Algebrauchsfilme.

- Dünnschicht vs. normaler Schichtdicke mit Mischkorn. Dies ist am ehesten eine Frage der genauen Belichtung, falls man einen Dünnschichtfilm hat. Die klassischen 400er sind keine Dünnschichtfilme. Sie gleichen sich auch in dieser Hinsicht.



Das was meist angegeben wird, eine besonders harmonische Grauwertwiedergabe z.B. löst sich über den Entwicklungsprozess prima steuern. Das allerwichtigste ist es, die Empfindlichkeit zu akzeptieren, die der Film nunmal hat. Egal was auf der Packung steht. Vielleicht liegt hier der größte Unterschied in den Filmen: Im Maße der Empfindlichkeitsabweichung. Nicht wenige versuchen auf Krampf, mindestens das rauszuholen, was auf der Packung gedruckt steht. Wenn diese Abweichung eine halbe Blende mehr beträgt als beim Konkurrenten, dann wird das Ergebnis unter diesen Umständen schon deutlich schlechter. Wenn man die wirkliche Empfindlichkeit akzeptiert, stehen aber alle Wege einer gewünschten Grauwertwiedergabe offen.



Da wir wahrscheinlich den Film fürs Leben nicht mehr haben werden, müssen wir lernen, mit Film und Entwickler umzugehen. Es muss rationell vonstatten gehen, sich einem neuen Material anzunähern. Darum kommen wir wohl nicht herum.
Bleibt dran, am Sucher.



--Uwe
Hallo Mirco,

Soll das etwa heißen, dass Kodak mit 55 Cent mehr überleben könnte, und dass Forte mit 55 Cent pro Film noch am leben wäre? Wenn ich an meine analogen Zeit zurückdenke, waren von Reisen mal abgesehen kaum mehr als 5 Filme im Monat drin, und das war die Obergrenze.

Also 5X 55 macht 275 Cent, das sind 2 Euro 75 Cent.

Wenn ich denke wie die Benzinpreise die letzten Jahre gestiegen sind, und trotzdem immer noch mit Bleifuß gefahren wird, unnötig wie ein Kropf erholt, meist nur 1 Person im Auto, und das mit dem Skikoffer auf dem Dach im Sommer nur dass jeder sieht dass man Ski fährt.

Und wenn man bedenkt wie das Rauchen teuer geworden ist und wie wenige es aufgegeben haben, was sind da 2 Euro und 75 Cent im Monat. Vor allem wenn man bedenkt was die guten Orwo SW Filme derzeit kosten. Die werden der Zehnerpack Kleinbild 26 Aufnahmen mit Ablaufdatum irgendwo das Jahr 92 im letzten Jahrtausend für 87 Euro ohne Versand (der kostet glaube ich 13 Euro) bei Ebay angeboten und finden auch Käufer.

Anscheinend ist etwas nur Wert wenn es es nicht mehr gibt.

Aber für SW Fotografen ist das Angebot immer noch gut bestückt, anders als bei Dia. Bei SW Filmen ging eigentlich von den reinen Produzenten nur Orwo und Forte für immer, Fuji hat sein komplettes Programm in UK noch auf dem Markt, Kodak ist noch nicht Pleite, Ilford hätte nicht weitergemacht wenn es keine Zukunft hätte, Agfa soll in Adox weiterleben. Und es gibt Materialien auf dem Markt die es früher nicht gab wie Forte und Lucky und Shanghai. Eine Vielfalt von dem ich früher nur träumen konnte, denn in einer Kleinstadt aufgewachsen hatte ich nur Agfa und Ilford zur Auswahl.

Ich selbst gehöre zu den Leuten die wirklich nichts zu Verschenken haben, aber 55 Cent mehr für den Film wird es mir wert sein wenn ich wieder ins Labor einsteige, egal mit welchem Material, das ist auch eine Entscheidung die ich demnächst treffen werden muss.

Aber die Entscheidung was mein Standard Film wird, wird bestimmt nicht vom Preis getroffen, trotz knapper Kasse, denn Fotografieren tu ich um für mich was zu machen, und das kann ich nur solange ich Filme bekomme, und das sollte allen 55 Cent wert sein.

Gruß Achim
Quote:Soll das etwa heißen, dass Kodak mit 55 Cent mehr überleben könnte, und dass Forte mit 55 Cent pro Film noch am leben wäre?



Hallo Achim,



das kann ich pauschal nicht beantworten.

Es ist natürlich immer alles abhängig von den anderen Rahmenbedingungen, insbesondere davon wo auf der Effizienzscala wir uns für die einzelne Produktionsstätte bewegen.



Allgemein betrachtet ist die Situation so, dass die Hersteller von Fotoprodukten leider sehr anfällig für den Preisdruck des Marktes sind.



In den 80igern und frühen 90igern, zu den Hoch-Zeiten der analogen Fotografie, waren Filme, gemessen am Einkommen, teurer als heute. Wir haben heute die Ausnahmesituation, dass trotz erheblich geringerer Nachfrage und höherer Stückkosten das Produkt günstiger ist.

Diese Situation kann nicht gesund sein.



Wie konnte es dazu kommen?



In den Hoch-Zeiten der analogen Fotografie standen sich Produktionskapazitäten und Nachfrage einigermaßen ausgewogen gegenüber. Senkte ein Wettbewerber die Preise erhöhte sich seine Absatzmenge bis er an die Grenze seiner Produktionsmöglichkeiten gelangte.

Die Restnachfrage verlagerte sich auf die etwas teureren Hersteller und alles drehte sich im Kreis. Ein funktionierender Markt.



Anfang der 2000er Jahre brach dann aber die Nachfrage so rapide ein, dass alle Hersteller in Absatzmengengebiete rutschten, die Ihnen große Stückkostenprobleme in der Herstellung bereiteten, weil die Anlagen unter dem Optimum liefen. In dieser Situation lohnte es sich den nun bestehenden reinen Verdrängungsmarkt über Preisangebote so zu beeinflussen, dass man wieder auf größere Losgrößen kam um seine Produktionskosten in den Griff zu bekommen. Es war also lukrativer Marge abzugeben als Stückkostensteigerungen in Kauf zu nehmen, welche sich aus der Absatzmengenreduktion ergeben hätten, wenn man nicht über den Preis den anderen Marktanteile abgejagt hätte.



Die Abnehmer bekamen das schnell mit und nutzen diese Situation aus. So verlor ein Hersteller nach dem anderen sein Preisniveau und die Mengen.

Die Folgen sind bekannt: Die Industrie verlor alle ihre Reserven (siehe Aktienkurse) und die Preise liegen auf einem unrealistischen Niveau. Die Hersteller operieren alle am untersten Preislimit. Würden sie heute noch ein kleines Stückchen weiter runter gehen, machten sie sofort Stückverluste.

(Dieser Preistrend nach unten ist in Relation zur Inflation und Einkommensentwicklung zu betrachten. Vor 2 Jahren wurde er etwas unterbrochen durch die spekulativ überhöhten Silberpreise, aber das hat den Herstellern nichts gebracht, da nur Materialkostensteigerungen weiter gereicht worden sind).



Ausgehend von der oben beschrieben Situation des "Operierens am Limit" bedeuten 50 Cent mehr pro Film, ganz unten beim Hersteller, eine bis zu 10 fache Rohgewinnerhöhung.

Ich bin mir sicher, dass das helfen würde <img src='http://forum.fotoimpex.de/public/style_emoticons/<#EMO_DIR#>/rolleyes.gif' class='bbc_emoticon' alt=':rolleyes:' />



Bei Forte z.B. hätte allerdings eine Filmpreiserhöhung schon deswegen nur einen geringen Effekt gehabt, weil Forte zu 90% Umsatz mit Papier gemacht hat.

Aber man kann die selbe Rechnung natürlich auch für Papier aufmachen.



Viele Grüße,



Mirko
(This post was last modified: 25-10-2011, 04:02 PM by Mirko Boeddecker.)
Eine große Last für den Filmabsatz war die Agfa-Pleite 2005 und die damit verbundene Großproduktion an APX 100. Agfa hat damals alles vorhandene Material in diesen Film umgewandelt, das war billiger als entsorgen. Danach kamen unglaubliche Mengen in den Handel, und dies zu sehr günstigen Preisen. Ich habe sowohl Rollfilme als auch KB-Filme für etwas über 1,50 Euro das Stück gekauft. Damit kann niemand mithalten.

Noch heute sind Kleinbildfilme erhältlich, diese letzten paar Kisten besonders billig. Noch immer wird die frische Produktion davon beeinflusst. Und wenn das endlich alles verkauft ist, lagern in den Schränken der Fotografen noch strategische Vorräte. Ein Normalzustand für die Produzenten wird sich wohl erst in zwei oder drei Jahren einstellen. Wir werden sehen, was dann die Filme kosten. Nicht unter 3 Euro die Rolle, schätze ich - eher gegen 4 Euro.
Bleibt dran, am Sucher.



--Uwe
Hallo!

Da wie es ja noch interessant: wie würde das bei Farbe aussehen? Ich denke da jetzt z.B. an den Kodak R3 Prozess, also das chromogene Diadirektpapier, das doch eigentlich viel billiger war als das sauteure Ilfochrome. Ich hab natürlich jetzt keine Ahnung, wie da der Bedarf ist, aber falls es wirklich kein Direktverfahren mehr geben sollte, wäre das sehr schade.

lg Thomas



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