“(Analog) Konterrevolution?”

16 Replies, 52868 Views

Seit einiger Zeit habe ich das Berliner "Magazin für Fotografie" "brennpunkt" abonniert. Soeben traf die Ausgabe 1/2012 ein. Bei der Lektüre habe ich mich nun so geärgert, dass ich das hier loswerden muss.

Darin schreibt der Fotograf Manfred Kriegelstein, Mitglied der Redaktion(!), einen Artikel mit der Überschrift "Konterrevolution".

Anlass war wohl eine Forderung, "bei Fotowettbewerben digital bearbeitete Bilder separat zu kennzeichnen". Das scheint nun Herrn Kriegelstein seinerseits sehr geärgert zu haben - und tatsächlich kann man darüber kontrovers diskutieren. Was dann aber kommt, hat mit einer engagierten Diskussion nichts mehr zu tun.

Einige Zitate:

"Ich habe damals schon (...) den Satz geprallt >Wer jetzt nicht auf den digitalen Zug aufspringt, bleibt am Bahnhof stehen ...< Naja, viele der ewig Gestrigen haben sich dann ja doch noch schnell in den schon rollenden letzten Waggon gedrängt - dachte ich eigentlich."

"Es ist schon fast peinlich, dass ich nach zwanzig Jahren noch einmal die Argumente wiederholen muss, die analoges Denken in der digitalen Zeit unsinnig machen."

"Dennoch denke ich, es wäre übertrieben von einem >Analog-Revanchismus< zu sprechen. Es sind wahrscheinlich noch einige wenige der ewig Gestrigen, die zu behindert waren um den >digitalen Zug zu besteigen< und die jetzt noch ziellos auf dem schon längst verwaisten >analogen Bahnhofsgelände< herumirren ..."

Auch sonst bewegt sich die Polemik von Herrn Kriegelstein auf einem sprachlichen Niveau von Ausdrücken wie "Unsinn", "museales Denken", "Quatsch".

Nun sind diese Zitate aus dem Zusammenhang gerissen. Da ich Herrn Kriegelstein in meinem eigenen Ärger kein Unrecht tun möchte (tatsächlich finde ich seine Redeweise beleidigend und manch hartes Wort, das mir durch den Kopf ging, verschweige ich lieber), verweise ich darauf, dass die Zeitschrift zum Download bereit steht; auf S. 60 ist dann besagter Artikel zu lesen:

http://www.edition-dibue.de/content/wp-c...1-2012.pdf

Mit den besten Grüßen an alle "analogen Behinderten"

Helmut
Hallo Helmut,

darüber kannst du dich gern?

Von seiner beleidigenden Ausdrucksweise mal abgesehen, hat er ja sogar recht; nämlich dahingehend, dass jedes digitale Bild zwangsläufig bearbeitet ist und es deswegen unsinnig ist, dieses in einem Wettbewerb extra zu kennzeichnen.

Das Abo würd ich aber auch kündigen, und dazu einen wohlformulierten Brief an die Redaktion schreiben. So wie sich dein Beitrag liest, kannst du das.

weiterhin viel Freude am behinderten Ende der Fotografie

Frank
Haha, gerade noch einen dicken Gag entdeckt:

zwei Seiten nach dem bezeichneten Artikel ist eine ganzseitige Anzeige von Fototechnik Berlin, in der dick und fett für "behinderte" Produkte geworben wird.

Schönes Eigentor der Redaktion, würd ich mal meinen. Ich als Redakteur würde mich jetzt mal schleunigst bei meinem Anzeigenkunden entschuldigen, wenn das noch helfen würde!

Grüße, Frank
Mein Gott na, lass sie doch. Ich ärgere mich über solch Schwachsinn schon lange nicht mehr und freue mich, dass manche Digitalisten offenbar so viel Angst vor den Analogen haben, dass sie sich dagegen zur Wehr setzen müssen. Ich sag sogar noch provokativer: je mehr sich solche Leute aufregen, umso mehr ist das Werbung für die analoge Fotografie und sonst können einem solche Leute einfach den Buckel runterrutschen. In Wahrheit sind nämlich genau diese die Ewiggestrigen, nicht Analogfotografen.

Ich sehe außerhalb der Cyberwelt, nämlich bei den bei uns in Österreich regelmäßig stattfindenden Analogtreffen, dass es ein großes Interesse für die Nische der Analogfotografie gibt. Ich sehe auch, dass dieses Interesse gerade von jüngeren Leuten kommt, die über die Digitalfotografie eingestiegen sind. Vor sagen wir mal drei bis vier Jahren hätte ich mir das nicht vorstellen können. Wir haben eine wunderbare analoge Nische für uns. So und deshalb ist es nicht notwendig sich mit solchen Koffern großartig zu beschäftigen.

lg Thomas
Hallo liebe Hindis,

Ich war so modern dass ich auf den digitalen Zug aufgesprungen bin, nicht ganz freiwillig sondern eher durch die Widrigkeiten die das Leben so mit sich bringt.

Ich muss sagen dass die digitale Fotografie einige Vorteile bringt, schnelle Dokumentation, sie ist billig wenn man die Bilder nur abspeichert, da kann man auch mal bei der Arbeit öfter mal auf den Auslöser drücken um irgendwas zu dokumentieren.

Aber verglichen mit früher alten Praktika Dia Film der 2 Wochen unterwegs war zum Entwickeln und zurück oder Agfapan 100 in Rodinal selbst gebadet. Der Ausschuss war gering, denn man machte sich Gedanken bevor man auf den Auslöser drückte.

Diesen Sommer mit meinem Sohnemann auf die Hahnweide zum Oldtimer Flugzeugtreffen, die Fotos eine Katastrophe nie funktionierte die Kamera richtig, weil von den gefühlten 3 Milliarden Sonderfunktionen eine aus Versehen eingeschaltet war und sich erst nach tagelangem Studium der Anleitung sich abschalten ließ. Da muss man sich fragen ob man sich das antun muss nur um nicht als behindert zu gelten. Grund genug hätte ich voll auf den digitalen Zug aufzuspringen, denn ich habe da das kindliche Trauma, dass ich nie die supermoderne LED Quarzuhr besessen habe die man brauchte um nicht als behindert zu gelten.

Aber inzwischen habe ich gelernt dass es Menschen gibt die 100 Tausende für behindertengerechte mechanische Uhren ausgeben, und Unsummen für Röhrenverstärker und Plattenspieler die so einfach sind dass sie nur von Behinderten bedient werden können.

Auch die bei uns im Süden ansässigen Konzerne wie Bosch und Daimler Benz haben Tochterfirmen die Behinderte beliefern die nicht fähig sind Autos mit ABS und Airbag zu bedienen.

Der Herr Kringeldings kann ja glücklich sein dass er nicht behindert ist, und in seinem Glück jeder neuen Sau die durchs Dorf getrieben wird hinterher rennen.

Ich halts da eher mit der Sparkassenwerbung: Wenn ich groß bin will ich auch behindert werden.

Dann bin ich zwar behindert aber auch glücklich und das auf eine Art die ich selbst bestimme und nicht die Industrie.

Und deshalb habe ich nun auch mein Labor reaktiviert, und ach die Bilder sind halt doch besser und die Finger bleiben sauber da man nicht mehr so viel Tinte nachfüllen muss.

Beste Grüße Achim
Hallo alle miteinander,

Habe mir den Spaß gemacht einen Leserbrief an den Brennpunkt zu schreiben, Text im Anhang als Pehdef.

Grüße Achim
Ich bin beschäftigt, mich zwar noch nicht sehr lange mit (analoger) Photographie, aber für mich waren digital und analog eigentlich immer zwei unterschiedliche Medienformen. Das ist ja auch der Ansatz in einigen theoretischen Abhandlungen zu diesem Thema. Ich finde da die Bezeichnungen "Photographie" und "digital Imaging" sehr treffend. Das eine hat mit dem anderen nicht mehr viel zu tun; außer der Tatsache, dass am Ende ein Bild da ist. Der Werdegang ist ein komplett anderer.

Verlockend ist beim Digitalen wohl der schnelle (vermeintliche) Erfolg und die Möglichkeit, einiges noch zurechtrücken zu können, nachdem das Bild geschossen ist. Wer sich auskennt, dem fällt es wohl auf, dem Rest ist es reichlich egal.

Die Lernkurve in der Photographie ist wesentlich steiler (ich merke das gerade) und herausfordernder. Ich und einige andere mögen das, ein Großteil wohl nicht mehr. Da soll alles schnell und fix gehen.

Wenn Kriegelstein meint, so einen Krampf veröffentlichen zu müssen, dann stellt er sich damit eher selber bloß. Das ist peinlich für ihn. Aber was interessiert mich seine Meinung?! Ich betreibe das Photographieren ja für mich und ob Kriegelstein mich deswegen für behindert oder zurückgeblieben hält, ist mir reichlich wurscht.
Hallo miteinand,

Gestern bekam ich recht fix eine Antwort auf meinen Brief vom Herausgeber des Brennpunkt.

Er schrieb mir, dass ihm mein Brief gefiel, und dass Herr Kriegelstein bestimmt nicht die Absicht hat, die Analogen zu beleidigen, denn 50% ihres Clubs waren Analge. Er nannte ein paar Namen und betonte, dass sich der Artikel sich auf eine Aussage bei einer Ausstellung beziehen würde, so in der Art.

Ok, kann man so sehen, wenn man den letzten Teil übersieht. Halten wir es dem Herrn Kriegelstein zugute, dass er es nicht böse gemeint hat.

Für mich war es trotzdem ein Déjà-vu-Erlebnis, denn als ich mit schon viel Fotoerfahrung und auch einiger Laborefahrung im Alter von 14 einen Labor-Kurs in der VHS machte, um es richtig zu lernen, merkte ich, dass ich schon viel kann, wollte aber trotzdem Kontakte zur hiesigen Szene aufbauen, merkte aber, dass ich nicht ernst genommen wurde, denn für gute Fotos braucht man eine Könner (Canon) oder Nikon geht auch noch. Und natürlich nur Ilford Filme und Tetenalchemie. Ich war mit meiner Praktica und Agfapan-Nutzer und Rodinalentwickler total uncool. Obwohl Praktica ihr Wechselsuchermodell mit Innenmessung anbot, Könner den Canon durfte man nicht sagen und Nikon konnten nur mit TTL prima messen.

So legte ich kaum mehr Wert auf die Kontakte der Szene und werkelte, abgesehen von einigen losen Kontakten, als fotografischer Eigenbrüller. Aber erfolgreich, denn wenn die Bilder gut waren, fragte keiner, wie sie gemacht wurden, denn es könnte ja sein, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Es geht auch ohne Könner!

Gruß Achim
[quote name='Achim B.' timestamp='1326383034' post='13627']

merkte aber dass ich nicht ernstgenommen wurde, denn für gute Fotos braucht man eine Kamera ( Canon) oder Nikon geht auch noch. Und natürlich nur Ilford Filme und Tetenalchemie. Ich war mit meiner Praktica und Agfapan Nutzer und Rodinalentwickler total uncool. Obwohl Praktica ihr Wechselsuchermodel mit Innenmessung anbot, konnte man den Canon durfte man nicht sagen und Nikon konnten nur mit TTL prima messen.

[/quote]

Es ist halt sehr oft auch ein Stück Statussymbol; bei einigen ist der Status wohl auch wichtiger als der Spaß an der Sache.

Ist doch praktisch: so kann man schnell unterscheiden, wer an guten Bildern interessiert ist und wer wegen seiner Kamera bewundert werden will.

Mir fällt das dazu ein:

[ATTACHMENT NOT FOUND]
(This post was last modified: 13-01-2012, 12:53 AM by TiMo.)
Ja aber diese Zeiten sind ja Gott sei Dank vorbei. Wir Analogen bleiben da jetzt verschont von solchen Unsinnigkeiten. Wer heute angibt, kauft sich jedes Jahr die neueste DSLR mit einem langen Rohr vorne drauf <img src='http://forum.fotoimpex.de/public/style_emoticons/<#EMO_DIR#>/laugh.gif' class='bbc_emoticon' alt=':lol:' />



Users browsing this thread: 1 Guest(s)

Theme Selector