SW-Negativentwicklung: welche Faktoren beeinflussen den Grundschleier?

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Hallo zusammen, 

beim Recherchieren über die Entwicklung von abgelaufenen/schlecht gelagerten SW-Negativfilmen sind mir ein Fragen aufgestoßen.

Hintergrund: ich habe diverse deutlich abgelaufene SW-Negativfilme von Plus-X über HP5+ bis hin zu Delta 400 und 3200. Verhökern oder wegschmeißen will ich die nicht, eher so für „Stimmungsfotos” verwenden und für diverse Tests, etwa ob ich Filme knickfrei in mir neue Edelstahlspulen geladen kriege.

Das ein vor 15 Jahren abgelaufener und bei Zimmertemperatur gelagerter Delta 400 unberechenbare und bestenfalls „brauchbare” Ergebnisse liefert ist klar.

 

Die Fragen - welche Faktoren spielen eine Rolle, wenn es um eine möglichst „schleier-dämpfende” Negativentwicklung geht:

 

 - Entwicklersubstanzen: HC110 soll sich nach verschiedenen Quellen im www gut mit abgelaufenen Filmen machen, von XTOL hab ich ähnliches gelesen, vor Rodinal wird gewarnt. Sind „schnelle” Entwickler wie HC110 (mir fällt auch noch Rodinal special ein) prinzipiell Schleier-dämpfender? Ist eine bestimmte Substanz im Entwickler Schleier-fördernd oder -dämpfend? Sind ausgleichend arbeitende Entwickler (incl. Zweibad wie Diafine oder Emofin) ungeeigneter als steiler arbeitende Entwickler?

 

 - Verdünnung: Beispiele D76/ID11 sowie XTOL konzentriert vs. 1+1 oder 1+3-Verdünnung, oder HC110 in verschiedenen Verdünnungen

 

 - Entwickler-Temperatur und Bewegung: haben diese Faktoren einen Einfluß auf den Schleier?

 

 

Instinktiv würde ich die alten Filme reichlich belichten (400er plus eine Blende, den Delta 3200 gleich wie einen 400er) und in einem eher steil arbeitenden Entwickler (Rodinal special in der Standardverdünnung etwa) mit normaler Zeit, bei etwa 20°C und mit normaler Bewegung entwickeln. Für technisch fundierte Hinweise wäre ich dankbar, die Zusammenhänge etwa von Bewegung, Verdünnung und Entwickler-Zutaten sind mir bisher schleierhaft ;-)

 

Danke und allseits Gut Licht, Georg.

 

 

Über Haremsverschleierung kann ich dir nichts sagen, aber über eigene Erfahrungen.

Ich habe mal einen deutlich abgelaufenen Delta 3200 (aus den 90ern, glaube ich) verwendet, weil ich gerade keinen anderen Film zur Hand hatte. Ich rechnete dabei durchaus mit dem Schlimmsten (also mit gar nichts), zumal ich auch noch ausgerechnet im beginnenden Dämmerlicht im Park unterwegs war. Das Ergebnis war nicht nur überraschend, sondern entzückte mich regelrecht. Ich glaube bis heute, dass mir mit dem "kaputten" Film, der neben anderen "Artefakten" auch noch runzelkorn-artige Fehler aufwies, Bilder gelangen, die ich mit einem "ordentlichen" Film so stimmungsvoll nie hinbekommen hätte. Ähnlichkeit mit Kohlezeichnungen usw.

 

Ich habe den 3200er Delta mit 800 ASA belichtet und in A49 entwickelt (Stamm). Über die Entwicklungsdauer habe ich leider keine Notizen mehr. Ich gehe aber mit großer Sicherheit davon aus, dass ich die Waschzettelzeit durch den entsprechenden Pull-Faktor für 2 Blenden dividiert habe, das mache ich immer so.

 

Die Negative (ich zeige sie hier gleich als bearbeitete Negativscans) lassen sich sogar in der Dunkelkammer zu sehr schönen Positiven verarbeiten, was mich dann doch überrascht hat.

 

Vielleicht hilft dir das etwas weiter. Viel Spaß!

 

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Also ich len mich jetzt mal aus dem Fenster und behaupte, das du den 400er Delta normal belichten kannst. Selbst ein älterer Film mit 400 und 100 ASA versehentlich belichtet hat bei mir brauchbare Ergebnisse gebracht. Für den 3200er gilt Ahnliches in A49 bei 1000 ASA. Also kein Problem.


A49 würde ich mal probieren, das Zeug ist ziemlich gutmütig und holt ziemlich alles an Empfindlichkeit raus was drin ist. Verdünnung 1+1 und dann die. Zeit für den höheren Gradienten berechnen oder noch mal fragen, dann geh ich in den Keller gucke.


Gruss Sven.
Danke für den Tip mit Atomal/A49!

Den hab ich nicht im Hause, werd ihn aber bei der nächsten Film- und Chemie-Bestellung ordern. Überlagerten Delta 3200 hatte ich mal in Diafine probiert, aber der Schleier war wirklich derb und die Ergebnisse (in diesem Fall Negativ-Scans) haben mir nicht gefallen. Mit klassischen 100er Filmen hab ich selten Probleme gehabt und würde die auch wie gewohnt entwickeln.

 

Hab A49 nie probiert, in welche Entwickler-Typen-Schublade läßt er sich denn stecken, der aktuelle Name legt nahe, das er vergleichbar mit Microphen und Ultrafin SF ist? 

Habe inzwischen noch mal „The Negative” bemüht, da fand ich den Hinweis auf Kaliumbromid und Benzotriazol (wohl früher von Kodak als „Anti-Fog Nr.1” vertrieben) als schleierreduzierende Entwickler-Bestandteile. Gibt es Entwickler, die von den genannten Stoffen von Natur aus einen erhöhten Anteil haben?

Kaliumbromid scheint ja gut verfügbar zu sein, aber ich würde von Experimenten damit gerne Abstand nehmen.

 

Und welche Einflüsse haben Verdünnung, Bewegung und Temperatur? Es geht mir nicht nur um die Entwicklung der Film-Restbestände, sondern auch um die Entwicklung meines Wissens ;-)

 

Danke, Georg.

Also zu A49 gibts hier wirkliche jede Menge Infos. Ist wohl neben Rodinal der Klassiker schlechthin. Ausgleichend und feinkörnig, außerdem für Push-/Pullentwicklung gut geeignet. Nebenbei sehr günstig und lange haltbar als Stammlösung.

Hallo,


ob ein schon lange abgelaufener Film noch was taugt, hängt hautsächlich davon ab, wie gut sein Gedächtnis funktioniert, also das Schwarzschildverhalten. Für Astrofotografie hatte ich mal einen Extremfall, einen der Spezialfilme von Kodak (103aO hiess der), welcher selbst bei 2h Belichtungszeit noch die volle Empfindlichkeit besass. Folge: dank diesem ersklassigen Gedächtnis war der Grundschleier schon nach 1 Jahr Lagerung (im Kühlschrank) unerträglich.

Also Faustregel: je besser das Schwarzschildverhalten desto höher der Grundschleier über der Lagerzeit (wer besitzt schon ein Bergwerk wie einst Kodak zur strahlengeschützten Langzeitlagerung).


Beispiele für nach meiner Erfahrung fast ewig lagerbar: Agfaortho, Agfapan25, Agfapan100, APX25, APX100 (Originale von Agfa)

und das Gegenteil, verderben besonders schnell: Tri-X, TMax400.


Gruß Wolfgang
A49 ist der wohl der einige wirklich Empfindlichkeitssteigernde Entwickler. Mirko hatte ihn mir damals empfohlen, weil ich einen Ersatz für den HC-110 gesucht habe, als ich von Kipp  auf Rotation  umgestellt habe und  mein  Durchsatz für nen Liter HC-110 nicht mehr hoch genug war. Ich verwende im Grunde nur Material ab 400  ASA und habe so etwas wie einen "Reportageentwickler" gesucht. Also das Hauptaugenmerk auf der Empfindlichkeitsausnutzung. Das passt prima. Ausserdem wirkt er ausgleichend, kann also auch mit hohen Kontrasten gut um gehen. Temperatur liegt bei mir immer bei 21° in Rotation. Standentwicklung geht aber auch. Eine Stunde  bei 1+2, die erste  Minute kippen.

 

Zum Delta 3200 noch eines. Ich weiss nicht wie du ihn entwickelt hast. Allerdings bringt der unter normalen Umständen nicht mehr als 1000 ASA. Wenn du auf 3200 willst musst du schon pushen. Deswegen war der für mich nie wirklich eine Option, denn der 400er kommt in A49 auf den gleichen Wert gepusht besser.

 

Gruss Sven.

Sven, danke für die Infos.

Nutzt Du die 1+1 Verdünnung für die Rotation? Und gilt auch für Atomal 49 die Faustregel vom Minimum von 100ml Konzentrat je Film  (also unabhängig von der verwendeten Verdünnung)?

Den Delta 3200 würd ich mir heute auch nicht mehr kaufen, will wie gesagt die Reste nur eben noch nutzen. Der Neopan 1600 gefiel mir früher immer ganz gut für Hallensport-Fotos und Konzertbilder, aber der ist ja leider Geschichte und hatte sicher auch nicht die echten 33 DIN. 

 

Wolfgang, danke für Deine Tips. Die echten 100er APXe haben mich auch nach etlichen Jahren nach Ablaufdatum nie enttäuscht, aber so langsam ist mein Vorrat dahin. Bei ein paar alten Orwo NP22-Planfilmen bin ich auch zuversichtlich. Mit abgelaufenen Tri-Xen (320 und 400) hab ich ehrlich gesagt nicht viel Probleme gehabt. Deine Faustformel mit gutem Schwarzschildverhalten = schnelle Verschleierung spricht ja deutlich gegen den Acros, was mich etwas wundert. Aber den hab ich bisher auch nicht überlagert genutzt/entwickelt.

 

Morte, danke! Hab inzwischen noch mehr über den A49 gelesen (er wird zusammen mit dem Original-Atomal und dem alten Promicrol genannt) und freu mich schon auf die ersten Tests damit.

 

 

 

 

PS: Den von Ansel Adams erwähnten Anti-Schleier-Zusatz Benzotriazol (altes Kodak „Anti-Fog No. 1”) hab ich im www gefunden, laß aber die Finger davon. Und mit Kaliumbromid will ich als Lusche in Chemie besser auch nicht hantieren.
Hallo,

Kaliumbromid und Benzotriazol sind auch nicht schlimmer als ein fertig konfektionierter Entwickler, also keine Angst davor. Darin ist fast immer (Ausnahme D 76) eines dieser schleierverhütenden Mittel enthalten. Phenidon enthaltende Entwickler geben meistens einen höheren Schleier und sind manchmal mit KBr nicht zu bremsen und brauchen das wirksamere Benzotriazol. Man muß aber beachten, daß mit zunehmender Menge auch die ausnutzbare Empfindlichkeit abnimmt. Kaliumbromid wird oft als 10 % ige Lösung (M/V) in Wasser verwendet. Die läßt sich leichter dosieren, z.B. mit einer Meßpipette oder einer Einmalspritze. Wenn man z.B. 0,1 g KBr braucht, nimmt man 1 ml dieser Lösung. Auch Benzotriazol wird als verdünnte Lösung verwendet. Es ist viel wirksamer als KBr und man braucht auch viel weniger, allerdings ist es ziemlich schlecht in Wasser löslich.

Danke, Jochen, insbesondere für den Hinweis auf das eher schleier-fördernde Phenidon, gut zu wissen und damit ein weiterer Pluspunkt für A49. 

Hab gerade Otto Beyers Buch „Belichtung und Filmentwicklung” erstanden, da ist sicher auch der eine oder andere wertvolle Hinweis auf Entwicklersubstanzen enthalten. 

Ich werd in den kommenden Tagen meinen Altbestand an überlagerten Filmen mal sichten und die Entwicklung erstmal ohne extra Anti-Schleier-Zusatz versuchen. Ist ne recht bunte Mischung an Filmen, da lohnt sich individuelles Austesten wohl nicht.



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