Zonie oder nicht (war: Schneeaufnahmen)

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So, jetzt habe ich mich auch dem erlauchten Kreis der "Registrierten" beigetreten <img src='http://forum.fotoimpex.de/public/style_emoticons/<#EMO_DIR#>/smile.gif' class='bbc_emoticon' alt=':ph34r:' />.

Nachdem ich es wagte, das offensichtlich mit ziemlich viel Hassliebe belastete Thema "Zonensystem" hier zu erwähnen, muss ich nun mal zeigen, wie mein Vorgehen beim Eichen der Kette in der Praxis aussieht. Adams hat ja auch nur versucht, das unter Fotografen wohl schon immer ungeliebte Thema "Theorie" in eine verdaulichere Kost umzuformen. Denn das Zonensystem ist ja nichts anderes als die Theorie in gewisser Weise standardisiert.

Vor vielen Jahren hatte ich mal das Gefühl, dass meine Ergebnisse trotz großem Aufwand "suboptimal" sein könnten, es letztendlich auch waren und bin bei der Ursachenforschung unter anderem auf Adams gestoßen. Daraus und den schon vorhandenen theoretischen Kenntnissen habe ich dann mein eigenes System gebastelt. Meine derzeitige Lieblingskombination heißt APX100/Rodinal, sodass demnächst zwangsweise eine Neueichung ansteht. Dann werde ich wie folgt vorgehen:

1) Ermittlung der Entwicklungszeiten für die Gradationen N-2, N-1, N, N+1, N+2:

Das hört sich jetzt nach viel Arbeit an, mit entsprechender Routine dauert das aber gerade noch 1 Nachmittag. Erst wird die Leuchtplatte aufgestellt und mit dämpfendem Papier so eingestellt, dass der Belichtungsmesser bei Objektmessung und auf dem Film aufgedruckter Empfindlichkeit 1/4 sec bei Blende 22 anzeigt (was bei Verarbeitung exakt lt. Hersteller Zone V (richtig 5) ergeben müsste, Belichtungsmesser sind so geeicht). Dann lassen sich ohne Schwarzschildprobleme die Testzonen -1 bis 11 aufbelichten. Dazu nehme ich die Kamera und fotografiere die Leuchtplatte 7mal wie folgt:

Zone 11: 1 sec Bl 5,6

Zone 9: 1 sec Bl 11

Zone 7: 1 sec Bl 22

Zone 5: 1/4 sec Bl 22

Zone 3: 1/15 sec Bl 22

Zone 1: 1/60 sec Bl 22

Zone -1: 1/250 sec Bl 22

So entstehen auf dem Film 7 Felder. Es wird also nur jede zweite Zone aufbelichtet, das genügt, um die Schwärzungskurve ausreichend genau zu ermitteln. Die obigen Belichtungs-Zonennummern sind zunächst nur Soll-Zonen. Deren exakte Lage kennt man ja erst nach dem Ausmessen des entwickelten Films und werden dann mit richtigen Ziffern gekennzeichnet.

Ich stelle gleich 3 Filmstreifen dieser Art her, da diese dann mit 3 verschiedenen Entwicklungszeiten entwickelt werden.

Zunächst wird 1 Filmstreifen mit der für Gradation N vermuteten Zeit entwickelt. Solange man nichts Genaueres weiß, nimmt man als Entwicklungszeit einfach die vom Hersteller angegebene. Nach dem Fixieren genügt kurzes Wässern, dann Schnelltrocknen mit F. Nun kann schon mit dem Ausmessen begonnen werden. Dazu braucht man keinesfalls ein Densitometer, es reicht ein Digitalbelichtungsmesser, den man auf EV einstellt. Jede Änderung des EV-Werts um 1 entspricht einer Dichteänderung um 0,3 (Dichte höher -> EV-Wert kleiner). Der Film wird einfach mit der zu messenden Stelle auf den Sensor des Belichtungsmessers gelegt und von oben z.B. mit einer Schreibtischlampe beleuchtet.

Erst sucht man den Beginn des nutzbaren Teils der Schwärzungskurve, das ist die Zone, deren Dichte ca. 0,1D (in EV: 0,3) über dem Schleier, also einer unbelichteten Stelle liegt. Das wäre dann die Zone I (richtig 1). Dann sucht man die Zone, die 1,6D (in EV: 5,3) über dem Schleier liegt, also 1,5D (passend für Papiergradation Spezial) über Zone I. Diese Zone sollte 8 Zonen über Zone 1 liegen, wenn die Entwicklung für N gepasst hat und wäre dann Zone IX (richtig 9). Meist liegt man leicht daneben, d.h. 1,6D liegt nicht genau 8 Zonen höher, sondern z.B. 7,5 oder 8,5. Aber das stört nicht, denn sobald die beiden anderen Filmstreifen entwickelt sind, liegen genügend Daten vor, um die optimale Entwicklungszeit für N genau zu schätzen. Ausgehend von dieser ersten Entwicklungsprobe sieht man nun, wie die 2 übrigen Filmstreifen zu entwickeln sind. Zuerst versuche ich die korrekte Zeit für N aus der Abweichung des bereits entwickelten Filmstreifens zu schätzen, dann werden die beiden anderen Filmstreifen mit dieser Zeit mal 0,75 und mal 1,3 entwickelt. Liegen nun alle 3 Filmstreifen entwickelt und trocken vor, ist es am besten, die 3 Schwärzungskurven grafisch aufzutragen (Dichte über den Zonen). Dann hat man mit etwas Erfahrung kein Problem, die Entwicklungszeiten für N-1 (nach 9 Zonen über Zone I auf 1,6D), N (nach 8 Zonen über Zone I auf 1,6D) und N+1 (nach 7 Zonen über Zone I auf 1,6D) abzulesen, was z.B. heißen kann, dass man eine Entwicklungszeit noch um 1..2 min korrigieren muss. Es ist ja keinesfalls so, dass die genannten Zonen exakt auf 1,6D liegen müssen, wenn es 1,65D oder 1,55D sind, was soll's, den Rest kann man beim Vergrößern ausgleichen. Das Wichtigste ist ja, dass man jetzt schon sehr genau weiß, welchen Kontrastumfang der Film bei welcher Entwicklung bewältigen kann.

Die Gradationen N-2 (=Zone XI auf 1,6D) und N+2 (=Zone VII auf 1,6D) sind meiner Ansicht nach nur für Planfilmler interessant, weil sie zu selten vorkommen und viele Filme bei N+2 auch recht könig werden. Will man auch hier genaue Daten haben, sind noch 2 Testfilmstreifen erforderlich, die z.B. mit der Entwicklungszeit für N mal 0,5 und mal 1,8 zu entwickeln sind. Alternativ kann man auch aus den Daten für N-1, N und N+1 schätzen, was aber zu Fehlern bis 1 Blende führen kann, da Filme und Entwickler bei stärkerer Unter- bzw. Überentwicklung unterschiedlich reagieren.

2) Ermittlung der Filmempfindlichkeiten für die Gradationen N-2, N-1, N, N+1, N+2: Zuerst erfolgt ein Blick auf die zu N gehörende Schwärzungskurve. Liegt die als Zone V aufbelichtete Zone wirklich 4 Zonen über der Zone mit 0,1D über Schleier, also der als Zone I gemessenen Zone? Dann hat der Film tatsächlich die aufgedruckte Empfindlichkeit. Meist stellt man aber fest, die als Zone 5 aufbelichtete Zone liegt etwas tiefer, nämlich 0,5 bis 1 Zone tiefer. Dann müsste um 1/2 bis 1 Blende länger belichtet werden. Das ist etwas, was mir immer wieder übel aufstößt: viele Filmhersteller geben zu hohe Empfindlichkeiten zusammen mit zu langen Entwicklungszeiten an. Das büßt der Fotograf dann in Form von zu steilen Negativen mit fehlenden Schatten und/oder schlecht differenzierten Lichtern. Ausgehend von der für N ermittelten Filmempfindlichkeit ist es in der Praxis ausreichend, für die übrigen Gradationen die Belichtung wie folgt zu korrigieren:

N-1: Blende 1 Stufe öffnen

N-2: Blende 1,5 Stufen öffnen

N+1: Blende 0,5 Stufen schließen

N+2: Blende 1 Stufe schließen

Mit den jetzt gewonnenen Informationen über die Eigenschaften des Films hat man es in der Hand, die Schwärzungskurve optimal an den Motivkontrast anzupassen und das Motiv ausreichend genau in die Schwärzungskurve zu legen. Allein die jetzt vorliegenden genauen Daten für N (Entwicklungszeit und Filmempfindlichkeit) sind mir die Mühe wert. Meist bewegt man sich ja zwischen N-1 (strahlende Sonne), N (leicht verschleierte Sonne) und N+1 (keine Sonne). Die jetzt noch auftretenden Abweichungen zu ganz exaktem Arbeiten liegen im Bereich +/- 1/2 Blende. Das lässt sich im Zeitalter der Gradationswandelpapiere leicht beim Vergrößern ausgleichen, vor allem mit der Technik des Split-Filtering.

Entscheidend ist, dass man nun die Tonwerte unter Kontrolle hat und genügend genau weiß, was zu welcher Zeichnung (Dichte) führt. Man kann durchaus mit Berechtigung behaupten, die bei Fotografen (Berufs- wie Amateur-) weitverbreitete Theoriephobie trägt nicht gerade zur Qualität der Ergebnisse bei. Und das, obwohl man sich doch nur einmal im Leben durch die Theorie durchbeißen muss.

Wolfgang

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Zonie oder nicht (war: Schneeaufnahmen) - by Wolfgg - 13-01-2006, 10:36 PM
Zonie oder nicht (war: Schneeaufnahmen) - by Guest - 14-01-2006, 09:44 AM



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