Wie entwickeln wenn bei „Nennempfindlichkeit“ belichtet?

6 Replies, 15744 Views

Hallo!

Hier nun mal wieder eine Anfängerfrage von mir:

Wenn ein 400 ISO Film laut versch. Angaben eine tatsächliche Empfindlichkeit von 320 ISO aufweist und ich diesen also mit 320 ISO belichte, nehme ich dann bei einem Entwickler die vorgegebenen Zeiten für 400 ISO oder muss ich einen Faktor für die Entwicklungszeit berücksichtigen? <img src='http://forum.fotoimpex.de/public/style_emoticons/<#EMO_DIR#>/blink.gif' class='bbc_emoticon' alt=':)' />

Ganz allgemein also: Wenn ich den Film "richtig" belichte muss ich auch eine andere Entwicklungszeit als bei der Belichtung mit 400 ISO berücksichtigen?

Da bei vielen Entwicklern immer Vorgaben für 400 ISO gemacht werden, wie bekomme ich einen groben Anhaltspunkt für eine Entwicklungszeit wenn ich tatsächlich mit 320 ISO oder sogar nur mit 200 belichte?

Vorweg schon mal danke für die Antworten (wenn vielleicht auch meine naive Anfängerfrage nerven sollte..).

Gruss

Mehmet
Hallo Mehmet,

jaja, die Expertenmeinungen. Meiner Erfahrung nach sind die Herstellerangaben für die Empfindlichkeit meist zuverlässiger, als die für die Entwicklung.

Ist ja auch klar, in der Entwicklung sind mehr individuelle Variablen, von der Genauigkeit Deiner Maßecher, über Temperaturkonstanz bis zur Wasserhöhe. (Den Anspruch für die Dichte in Zone I nicht zu vergessen)

Ergo bringen die ganzen Behauptungen über: "Belichte HP5 immer auf 320 ASA" so erstmal überhaupt nichts, sondern nur im Kontext, welcher Entwickler, welche Zeit/Temperatur, und was für Motive.

Alternative 1: Zonensystem durchackern, da wird’s komplett erklärt.

Alternative 2: die alten Faustregeln, als da wären:

-Negativ zu hart ist zu lange entwickelt, zu weich zu kurz.

-Keine Schattenzeichnung (bei sonst gutem Negativ) ist unterbelichtet, ausgeblähte Lichter (sonst gutes Neg.) überbelichtet.

Was folgt als konkrete Antwort auf Deine Frage?

Wenn Du normale Motive hast, nimm die normale Entwicklungszeit (für normale Gradation). Du bekommst mit der Überbelichtung dann bessere Schattenzeichnung (auf Kosten von etwas Spielraum in den Lichtern).

Bei harten Motiven (grelles Licht und dunkle Schatten) kürzer entwickeln, das staucht die Motivkontraste, und nennt sich bei Adams N-1.

Bei weichen Motiven hat Überbelichtung nichts zu suchen.

Gruß
Martin
(This post was last modified: 13-07-2006, 01:17 PM by max.)
Hallo Max!

Danke erst mal für Deine ausführliche Antwort.

Mit dem Zonensystem habe ich mich überhaupt noch nicht beschäftigt, habe aber zwei Bücher von Adams (The Negative / The Print) im engl. Original im Regal stehen. Das sind bei mir echt die Einzigen ungelesenen Bücher....... :-))

Also sollte ich mir "Das Negativ" dann wohl mal unbedingt zu Gemüte führen....

So c.a. genau vor einem Jahr habe ich mit dem selber Entwickeln angefangen. Habe dann so c.a. zwei drei Monate "rumgewurschtelt" und bin erst jetzt wieder dabei einiges auszuprobieren. Irgendwie blöd, da der Sommer für die Chemikalien echt zu warm ist und ich besser die Chemie auf 20 Grad wärmen als kühlen kann. Warum auch immer...

Bisher habe ich immer alle Filme, die ich probiert habe, auf die "aufgedruckte" Empfindlichkeit belichtet und dann ausgiebig mit verschiedenen Entwicklern, Verdünnungen und Zeiten rumprobiert.

Ab und zu den Einen oder Anderen Adox/Ilford gepuscht, aber das war’s schon.

Genau wie Du schreibst, habe ich dann gelesen, der Adox 400 chm hätte tatsächlich 320 ISO.

Ebenso wäre es sinnvoll den Lucky 400 auf 320 statt 400 zu belichten.

Inzwischen haben sich so ca. 24 Luckys und Adox mit 320 ISO angesammelt und dachte mir am Woe mal diese zu entwickeln und zu schauen was das mit diesen Angaben auf sich hat.

(Ach ja, einige Lucky habe ich auch mit 200 ISO belichtet)

Nun dachte ich mir also (inzw. habe ich mich ziemlich auf Calbes A49 eingeschossen) wenn ich für den Adox 400 chm mit 9-10 min in A49 klar komme, welchen Anhaltspunkt müsste ich dann für 320 ISO haben an dem ich mich orientieren kann.

Das war eigentlich die Grundidee meiner Frage.

Die Entwickler mit denen ich bisher hauptsächlich rumprobiert habe sind:

Rodinal

LP-Supergrain

Emofin

A49

D76

Microphen

AM-74

[quote name='max' post='8033' date='13-07-06, 13:44 ']Was folgt als konkrete Antwort auf Deine Frage?

Wenn Du normale Motive hast, nimm die normale Entwicklungszeit (für normale Gradation). Du bekommst mit der Überbelichtung dann bessere Schattenzeichnung (auf Kosten von etwas Spielraum in den Lichtern).

Bei harten Motiven (grelles Licht und dunkle Schatten) kürzer entwickeln, das staucht die Motivkontraste, und nennt sich bei Adams N-1.

Bei weichen Motiven hat Überbelichtung nichts zu suchen.

Gruß
Martin[/quote]

Also entwickel ich mit meinen gewohnten Zeiten, mit denen ich zufrieden war bei 400 ISO, und schaue mal was denn so bei den 320 und 200 Filmen herauskommt?

Und beim nächsten Mal Fotografieren (in ähnlichen "fotografischen" Situationen) überlege ich mir ob ich z.B. bessere Schattenzeichnung wünsche und belichte dann auf 320 ISO

[quote name='max' post='8033' date='13-07-06, 13:44 ']Meiner Erfahrung nach sind die Herstellerangaben für die Empfindlichkeit meist verlässlicher, als die für die Entwicklung.[/quote]

Ansonsten bleib ich lieber bei den "aufgedruckten" Empfindlichkeiten und probiere weiter mit verkürzten/verlängerten Entwicklungszeiten und versch. Verdünnungen?

Das mit der "tatsächlichen Empfindlichkeit" der Filme ist dann in der Praxis eher quatsch?

Rein Theoretisch, was würde eigentlich passieren wenn ich einen Adox 400 chm auf 100 ISO belichte und ihn dann nach den angegebenen Zeiten für einen Adox 100 chm entwickle. Das Selbe wie bei einem Adox 100 chm?

Na denn

HEITER WEITER

Mehmet
Hallo Mehmet,

man kann ja auch sagen, Zonensystem ist Fotolabor für Buchhalter;-).

Quote:Also entwickel ich mit meinen gewohnten Zeiten, mit denen ich zufrieden war bei 400 ISO, und schaue mal was denn so bei den 320 und 200 Filmen herauskommt?

genau. In jedem Fall für die 320er. Damit bekommst Du im schlimmsten Fall gut printbare Negative mit ausgeblähten Lichtern (wenn der Himmel keine Zeichnung hat gibts ja noch 1000 und noch einen Grund). Wenn die 320er gut kommen, würd ich die 200er genauso behandeln.

Quote:Das mit der "tatsächlichen Empfindlichkeit" der Filme ist dann in der Praxis eher quatsch?

Nein, und nein.

1. für die Zonis, die meisten wollen nämlich schon in ZoneI, also 4 Blenden unter Mittelgrau eine Negativdichte von 0,15 (+base&fog) haben, was sich in der Praxis durchaus auch bewährt hat, die Industrie rated nach etwas anderen Kriterien meist auf 0,1.

2. für alle anderen hat sich rausgestellt, dass die Faustregel "auf die Schatten belichten, auf die Lichter entwickeln" in der Praxis nicht so einfach zu realisieren ist, zumindest mit Belichtungsautomatik (wie war das doch, tiefe Schatten ins Messfeld, AE-Lock drücken und dann 3 oder 4 Blenden dagegen unterbelichten?!?!?!?!?), praktischer also 1/2 (das wären 320) bis 1 (200) Blende Spielraum in die Schatten packen und unbeschwert losknipsen. Solange Du einen normalen Motivkontrast zwischen 1:30(5 Blenden)-1:100 (7 Blenden) hast, alles kein Problem.

Die meisten Entwicklungsangaben sind nämlich schon für eine vernünftige Gradation ausgelegt. Ob die Gesamtdichte dabei etwas höher oder niedriger liegt macht in der Praxis keinen Unterschied.

Wohlgemerkt, solange Du Deine Negative gut printen kannst ist die Entwicklung ok. Verkürzen musst Du nur dann, wenn Du ständig auf Papier zwischen 00-1 rumgurkst, und trotzdem noch keine schönen Grautöne kommen.

Als Online-Alternative zum Negativ und in Kurzform würde ich mal folgendes empfehlen: [url="http://www.schwarzweiss-magazin.de/swmag_frame_kurse.htm"]http://www.schwarzweiss-magazin.de/swmag_frame_kurse.htm[/url]

und zwar für ganz eilige aus Teil 3 die Kurse 3 4 und 5.

Die sind für Kleinbildpraktiker realistischer, als Teil 2.

Kleiner Exkurs vom Gestalterischen her: Es hat mich persönlich schwer erstaunt, wie pingelig ich bzgl. Kontrast wurde, als ich anfing selbst zu printen. Die "wunderschönen Altstadtbilder" bei strahlender Sonne (ist doch prima Licht zum Fotografieren) mach ich schon gar nicht mehr, weil kein Film (nicht SW, nicht CN und auch nicht digital) die Rathaustür im Schatten gut aufnehmen kann, wenn das Hauptmotiv davor in der Sonne auch noch erkennbar sein soll (ja ich weiß ne Belichtungsreihe und Photoshop).

Dann lieber abwarten, bis die "Hamburger Softbox" (Wolke vor der Sonne) da ist, erstaunlich was auf einmal geht.

Grüße

Martin
(This post was last modified: 13-07-2006, 05:48 PM by max.)
Hi Martin!

(Sorry, ich hatte Dich vorhin max genannt)

Also erst mal aller besten Dank für Deine Ausführungen.

Vor allem auch Dein Link scheint mir sehr hilfreich zu sein. Muss ich gleich mal ausdrucken und dann als Bettlektüre lesen.

Ich habe bis gerade eben mal sechs 320iger Filme entwickelt und zwar nach meinen erprobten 400ter Zeiten.

Irgendwie scheinen mir die Negative im Vergleich nicht so prickelnd geworden zu sein, die "springen" mich nicht so an wie die vergleichbaren anderen. Ich muss die unbedingt mal printen um zu sehen was ich da tatsächlich rausholen kann.

Nur rein die Negative beurteilen find ich sehr schwierig.

Nun ja, irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich noch ne Menge an Theorie lesen muss.

Wenn mich die Prints nicht so überzeugen sollten, dann muss ich wirklich sagen, dass ich mit den angegebenen Empfindlichkeiten wirklich prima klarkomme.

Quote:2. für alle anderen hat sich rausgestellt, dass die Faustregel "auf die Schatten belichten, auf die Lichter entwickeln"

Kenn ich gar nicht!

Das werde ich mir mal merken und probieren.

Quote:Solange Du einen normalen Motivkontrast zwischen 1:30(5 Blenden)-1:100 (7 Blenden) hast, alles kein Problem.

Die meisten Entwicklungsangaben sind nämlich schon für eine vernünftige Gradation ausgelegt. Ob die Gesamtdichte dabei etwas höher oder niedriger liegt macht in der Praxis keinen Unterschied.

Denke ich nun auch.

Also Martin, nochmals Danke. Ich finde Deinen Beitrag echt klasse.

Hat mir echt was gebracht.

Ansonsten

HEITER WEITER

Mehmet
Schöne Erklärung, auch für Anfänger.

Quote:Die Entwickler mit denen ich bisher hauptsächlich rumprobiert habe sind:

Rodinal

LP-Supergrain

Emofin

A49

D76

Microphen

AM-74

Wobei die Bemerkung das LP-Supergrain und AM74 das Gleiche ist. Spart also wieder etwas zum Testen.

Beste Grüße,

Robert
Hi Mehmet

Quote:Sorry, ich hatte Dich vorhin max genannt

Macht nix, das ist der Vorteil mehrerer Vornamen.

Ein letzter noch, weil das sehr häufig als erfolgreiche Standardprozedur genannt wird:

Forumsteilnehmer x:"ich belichte Film xxx immer eine Blende über und verkürze die Entwicklung um yyy."

Natürlich weiß ich nicht, wie andere Leute im einzelnen ihre optimalen Verfahren entwickeln. Retroengineered lässt dieses Vorgehen jedoch vermuten, dass Forumsteilnehmer x häufig kontrastreiche Motive fotografiert, und sich ärgert, dass dann selbst auf Gradation 0 noch nicht optimal printbar sind, während mittel-kontrastige Motive auch bei der Unterentwicklung mit Grad 3-5 noch printbar bleiben.

Ist im allgemeinen typisch für Menschen, die bei schönem Wetter (sonnig) mit der Kamera losziehen, bzw. aus welchem Grund auch immer nicht auf das richtige Licht warten wollen/können (Urlaub am Mittelmeer, und die Besichtigungstour geht weiter), und dann selbstverständlich auch genau der richtige Ansatz (und in Übereinstimmung mit dem was ich oben schrieb).

Gruß
Martin
(This post was last modified: 17-07-2006, 09:25 AM by max.)



Users browsing this thread: 1 Guest(s)

Theme Selector