Zonie oder nicht (war: Schneeaufnahmen)

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Ich möchte zur längeren Diskussion bezüglich der Anwendung des Zonensystems noch paar Worte sagen.

Das Zonensystem wurde für Großformat entwickelt, es lässt sich für Kleinbild oder MF nur eingeschränkt einsetzen. Für mich war es wichtig, es *verstanden* zu haben und meine Schlüsse daraus zu ziehen.

Es gilt freilich der Rat, sich auf wenige Filme und Entwickler zu beschränken. Leider kann man das nicht auf Dauer durchhalten. Ich war der Meinung "APX 100 ist Gottes Film". Leider ging Agfa pleite und meine Vorräte an Mirkos Surrogat zur Neige. Ich muss mich also an neue Materialien herantasten.

Wie gehe ich nun vor? Die Herstellerangaben für Empfindlichkeit und Entwicklung sind meist unzweckmäßig. Falsch will ich nicht sagen, denn irgendwer hat da etwas gemessen und ausprobiert. Aber die praktisch nutzbare Empfindlichkeit ist meist geringer als die aufgedruckte, und die Entwicklungszeit oft zu lang.

Ich kaufe mir 10 Filme einer Sorte und dann geht's los. Den ersten Film belichte ich eine halbe Blende über, und mache dann noch zusätzliche Aufnahmen 1 drüber/1 drunter. Als Entwickler nehme ich ausschließlich Rodinal. Ok, der verschwindet auch vom Markt, dann wird es eben wieder R09, oder Adox09 oder wie der jetzt heißt. Ist praktisch dasselbe. Dieser Entwickler hat für mich folgenden Vorteile:

- billig

- ein Einmalentwickler. Gleichbleibende Qualität des Entwicklers, Wassertemperierung einfach (außer im Hochsommer, da kommt manchmal nur 21° warmes Wasser aus der Leitung)

- lässt sich durch Verdünnen in weiten Grenzen in seinen Eigenschaften ändern.

Der erste Film wird in 1:50 (R09: 1:40) entwickelt, die Zeit aus der Tabelle um 20% gekürzt. Ich steuere meine Filme so, dass sie eher in Richtung weich sind. Meine normale Papiergradation für bedeckten Himmel ist 3. Wenn die Sonne kräftig scheint und Schlagschatten wirft, komme ich meist mit Gradation 2 auch noch hin. Und wenn's trübe ist, nehme ich Gradation 4, das geht auch noch. Gradation 5 hingegen mag ich nicht, damit arbeitet es sich schwer.

Am ersten Film sehe ich mir an:

- Sind die Schatten durchgezeichnet? Bei normaler Belichtung oder einer abweichenden? Das muss man an mehreren Motiven machen. -> Ergibt die effektive Empfindlichkeit, wenn man Zwischenwerte schätzt mit einer halben Blende Genauigkeit.

- Sind die Lichter zu dicht? Dazu sehe ich mir den Himmel an. Wenn ja (häufig der Fall), muss die Entwicklungszeit weiter reduzieren. Es ist am Anfang nicht so einfach zu erkennen, wann die Lichter zu dicht sind. Vielleicht auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Ich werde stutzig, wenn bei hellem aber bewölktem Himmel trotz mäßigen Nachbelichtens keine Struktur in die obere Bildseite kommt.

Dennoch kann man die Bilder des ersten Films gut verwenden, es gibt sofort brauchbare Ergebnisse. Vielleicht mit etwas mehr Schwierigkeiten im Labor, aber auf jeden Fall verwendbar.

Den zweiten Film belichte ich dann mit der ermittelten Empfindlichkeit und der ggf. neuen Entwicklungszeit. Der sollte jetzt schon fast in Ordnung sein. Ich lege jetzt aber noch mal Augenmerk auf die schweren Schatten. Es ist mir nicht selten passiert (z.B. bei Hp5+ FP4+ und deren Adox-Pendants und Foma 100), dass alles prima aussah, gute Grauwertverteilung bis in die Schatten hinein. Nur die ganz dunklen Schatten kippen dann weg und sind sozusagen schlagartig glasklar wie der Schichtträger. Hier hilft es dann, den Entwickler weiter zu verdünnen, also z.B. auf 1:100 zu gehen. Die Entwicklungszeit kann man bei Rodinal ganz einfach ermitteln:

Zeit(1:100) = Zeit(1:100,Tabelle) * Zeit(1:50)/Zeit(1:50,Tabelle)

Die Zeit 1:100 wird also gegenüber den Herstellerangaben um denselben Faktor reduziert, wie es für die 1:50-Zeit richtig war.

So, das war jetzt der dritte Film, und damit ist das Probieren beendet. Und alles nur an richtigen Fotos, kein Graukarten, kein Spotbelichtungsmesser. Einfach mit der Automatik der Kamera oder der Methode, wie man seinen Handbeli benutzt.

Bei sehr trübem Wetter erhöhe ich die Entwicklungszeit um 20% und belichte eine halbe Blende knapper. Wenn ich mir das erst hinterher überlege, geht's auch ohne die halbe Blende.

Das ist mein Fazit, was nach allen Zonen-Experimenten geblieben ist, so weit habe ich es für meine Belange vereinfacht. Die wichtigsten Regeln waren schon vor St. Ansel bekannt:

- Belichte auf die Schatten (Film 1) und entwickle auf die Lichter (Film 2)

- Verdünnter Entwickler bringt bessere Schattenzeichnung (Film 3)

Ich komme oft zu ganz anderen Ergebnissen als irgendwelche Tabellen angeben. Insgesamt besser wurde es, als ich meinen eigenen Erfahrungen glaubte und nicht Büchern, Internetbeiträgen und Entwicklungswaschzetteln. Und dazu, seine eigenen Erfahrungen zielgerichtet zu machen, regt das Zonensystem an. Das ist der größte Gewinn.

Übrigens: Auch hier im gottlosen Osten muss ich einsehen, dass es 'IHN da oben' wohl gibt. Als Ersatz für den APX 100 hat ER Foma 100 geschickt. Muss zwar ganz anders entwickelt werden....
Bleibt dran, am Sucher.



--Uwe
APX 100 gibt's doch noch, heiße jetzt nur Rollei Retro 100 und kommt von Maco. Was Maco allerdings mit diesem Film macht, wenn die zum Rollei umgelabelten Agfa-Restbestände verscherbelt sind, ist fraglich.

Grüße

Jo
So, jetzt habe ich mich auch dem erlauchten Kreis der "Registrierten" beigetreten <img src='http://forum.fotoimpex.de/public/style_emoticons/<#EMO_DIR#>/smile.gif' class='bbc_emoticon' alt=':ph34r:' />.

Nachdem ich es wagte, das offensichtlich mit ziemlich viel Hassliebe belastete Thema "Zonensystem" hier zu erwähnen, muss ich nun mal zeigen, wie mein Vorgehen beim Eichen der Kette in der Praxis aussieht. Adams hat ja auch nur versucht, das unter Fotografen wohl schon immer ungeliebte Thema "Theorie" in eine verdaulichere Kost umzuformen. Denn das Zonensystem ist ja nichts anderes als die Theorie in gewisser Weise standardisiert.

Vor vielen Jahren hatte ich mal das Gefühl, dass meine Ergebnisse trotz großem Aufwand "suboptimal" sein könnten, es letztendlich auch waren und bin bei der Ursachenforschung unter anderem auf Adams gestoßen. Daraus und den schon vorhandenen theoretischen Kenntnissen habe ich dann mein eigenes System gebastelt. Meine derzeitige Lieblingskombination heißt APX100/Rodinal, sodass demnächst zwangsweise eine Neueichung ansteht. Dann werde ich wie folgt vorgehen:

1) Ermittlung der Entwicklungszeiten für die Gradationen N-2, N-1, N, N+1, N+2:

Das hört sich jetzt nach viel Arbeit an, mit entsprechender Routine dauert das aber gerade noch 1 Nachmittag. Erst wird die Leuchtplatte aufgestellt und mit dämpfendem Papier so eingestellt, dass der Belichtungsmesser bei Objektmessung und auf dem Film aufgedruckter Empfindlichkeit 1/4 sec bei Blende 22 anzeigt (was bei Verarbeitung exakt lt. Hersteller Zone V (richtig 5) ergeben müsste, Belichtungsmesser sind so geeicht). Dann lassen sich ohne Schwarzschildprobleme die Testzonen -1 bis 11 aufbelichten. Dazu nehme ich die Kamera und fotografiere die Leuchtplatte 7mal wie folgt:

Zone 11: 1 sec Bl 5,6

Zone 9: 1 sec Bl 11

Zone 7: 1 sec Bl 22

Zone 5: 1/4 sec Bl 22

Zone 3: 1/15 sec Bl 22

Zone 1: 1/60 sec Bl 22

Zone -1: 1/250 sec Bl 22

So entstehen auf dem Film 7 Felder. Es wird also nur jede zweite Zone aufbelichtet, das genügt, um die Schwärzungskurve ausreichend genau zu ermitteln. Die obigen Belichtungs-Zonennummern sind zunächst nur Soll-Zonen. Deren exakte Lage kennt man ja erst nach dem Ausmessen des entwickelten Films und werden dann mit richtigen Ziffern gekennzeichnet.

Ich stelle gleich 3 Filmstreifen dieser Art her, da diese dann mit 3 verschiedenen Entwicklungszeiten entwickelt werden.

Zunächst wird 1 Filmstreifen mit der für Gradation N vermuteten Zeit entwickelt. Solange man nichts Genaueres weiß, nimmt man als Entwicklungszeit einfach die vom Hersteller angegebene. Nach dem Fixieren genügt kurzes Wässern, dann Schnelltrocknen mit F. Nun kann schon mit dem Ausmessen begonnen werden. Dazu braucht man keinesfalls ein Densitometer, es reicht ein Digitalbelichtungsmesser, den man auf EV einstellt. Jede Änderung des EV-Werts um 1 entspricht einer Dichteänderung um 0,3 (Dichte höher -> EV-Wert kleiner). Der Film wird einfach mit der zu messenden Stelle auf den Sensor des Belichtungsmessers gelegt und von oben z.B. mit einer Schreibtischlampe beleuchtet.

Erst sucht man den Beginn des nutzbaren Teils der Schwärzungskurve, das ist die Zone, deren Dichte ca. 0,1D (in EV: 0,3) über dem Schleier, also einer unbelichteten Stelle liegt. Das wäre dann die Zone I (richtig 1). Dann sucht man die Zone, die 1,6D (in EV: 5,3) über dem Schleier liegt, also 1,5D (passend für Papiergradation Spezial) über Zone I. Diese Zone sollte 8 Zonen über Zone 1 liegen, wenn die Entwicklung für N gepasst hat und wäre dann Zone IX (richtig 9). Meist liegt man leicht daneben, d.h. 1,6D liegt nicht genau 8 Zonen höher, sondern z.B. 7,5 oder 8,5. Aber das stört nicht, denn sobald die beiden anderen Filmstreifen entwickelt sind, liegen genügend Daten vor, um die optimale Entwicklungszeit für N genau zu schätzen. Ausgehend von dieser ersten Entwicklungsprobe sieht man nun, wie die 2 übrigen Filmstreifen zu entwickeln sind. Zuerst versuche ich die korrekte Zeit für N aus der Abweichung des bereits entwickelten Filmstreifens zu schätzen, dann werden die beiden anderen Filmstreifen mit dieser Zeit mal 0,75 und mal 1,3 entwickelt. Liegen nun alle 3 Filmstreifen entwickelt und trocken vor, ist es am besten, die 3 Schwärzungskurven grafisch aufzutragen (Dichte über den Zonen). Dann hat man mit etwas Erfahrung kein Problem, die Entwicklungszeiten für N-1 (nach 9 Zonen über Zone I auf 1,6D), N (nach 8 Zonen über Zone I auf 1,6D) und N+1 (nach 7 Zonen über Zone I auf 1,6D) abzulesen, was z.B. heißen kann, dass man eine Entwicklungszeit noch um 1..2 min korrigieren muss. Es ist ja keinesfalls so, dass die genannten Zonen exakt auf 1,6D liegen müssen, wenn es 1,65D oder 1,55D sind, was soll's, den Rest kann man beim Vergrößern ausgleichen. Das Wichtigste ist ja, dass man jetzt schon sehr genau weiß, welchen Kontrastumfang der Film bei welcher Entwicklung bewältigen kann.

Die Gradationen N-2 (=Zone XI auf 1,6D) und N+2 (=Zone VII auf 1,6D) sind meiner Ansicht nach nur für Planfilmler interessant, weil sie zu selten vorkommen und viele Filme bei N+2 auch recht könig werden. Will man auch hier genaue Daten haben, sind noch 2 Testfilmstreifen erforderlich, die z.B. mit der Entwicklungszeit für N mal 0,5 und mal 1,8 zu entwickeln sind. Alternativ kann man auch aus den Daten für N-1, N und N+1 schätzen, was aber zu Fehlern bis 1 Blende führen kann, da Filme und Entwickler bei stärkerer Unter- bzw. Überentwicklung unterschiedlich reagieren.

2) Ermittlung der Filmempfindlichkeiten für die Gradationen N-2, N-1, N, N+1, N+2: Zuerst erfolgt ein Blick auf die zu N gehörende Schwärzungskurve. Liegt die als Zone V aufbelichtete Zone wirklich 4 Zonen über der Zone mit 0,1D über Schleier, also der als Zone I gemessenen Zone? Dann hat der Film tatsächlich die aufgedruckte Empfindlichkeit. Meist stellt man aber fest, die als Zone 5 aufbelichtete Zone liegt etwas tiefer, nämlich 0,5 bis 1 Zone tiefer. Dann müsste um 1/2 bis 1 Blende länger belichtet werden. Das ist etwas, was mir immer wieder übel aufstößt: viele Filmhersteller geben zu hohe Empfindlichkeiten zusammen mit zu langen Entwicklungszeiten an. Das büßt der Fotograf dann in Form von zu steilen Negativen mit fehlenden Schatten und/oder schlecht differenzierten Lichtern. Ausgehend von der für N ermittelten Filmempfindlichkeit ist es in der Praxis ausreichend, für die übrigen Gradationen die Belichtung wie folgt zu korrigieren:

N-1: Blende 1 Stufe öffnen

N-2: Blende 1,5 Stufen öffnen

N+1: Blende 0,5 Stufen schließen

N+2: Blende 1 Stufe schließen

Mit den jetzt gewonnenen Informationen über die Eigenschaften des Films hat man es in der Hand, die Schwärzungskurve optimal an den Motivkontrast anzupassen und das Motiv ausreichend genau in die Schwärzungskurve zu legen. Allein die jetzt vorliegenden genauen Daten für N (Entwicklungszeit und Filmempfindlichkeit) sind mir die Mühe wert. Meist bewegt man sich ja zwischen N-1 (strahlende Sonne), N (leicht verschleierte Sonne) und N+1 (keine Sonne). Die jetzt noch auftretenden Abweichungen zu ganz exaktem Arbeiten liegen im Bereich +/- 1/2 Blende. Das lässt sich im Zeitalter der Gradationswandelpapiere leicht beim Vergrößern ausgleichen, vor allem mit der Technik des Split-Filtering.

Entscheidend ist, dass man nun die Tonwerte unter Kontrolle hat und genügend genau weiß, was zu welcher Zeichnung (Dichte) führt. Man kann durchaus mit Berechtigung behaupten, die bei Fotografen (Berufs- wie Amateur-) weitverbreitete Theoriephobie trägt nicht gerade zur Qualität der Ergebnisse bei. Und das, obwohl man sich doch nur einmal im Leben durch die Theorie durchbeißen muss.

Wolfgang
Das klingt alles gut und ich habe auch schon so ähnlich gearbeitet. ABER: Wenn man das erste Problem gelöst hat (zu wissen: Wie ist mein Film), geht's erst richtig los. Die Schwankungskurven sind nämlich keineswegs lehrbuchhaft und knicken oft im eigentlich zu nutzenden Bereich ab. Deshalb rate ich auch nicht dazu, nur aller 2 Stufen eine Bleichtung zu machen, sondern eher zum Gegenteil (halbe Stufen).

Dann muss man mit der Chemie spielen, z.B. Verdünnung, Bewegung oder Temperatur. Hier endet Adams, aber manche andere lassen sich dazu aus.

Ein schöne grade Kennlinie hat der APX 400 in Rodinal 1+50 (zumindest bei mir). Aber damit ist ja nun Schluss. FP4+ und HP5+ in Rodinal erforderten eine 'Sonderbehandlung', um einigermaßen brauchbar zu sein.
Also wenn man Stilleben und Landschaften wie Adams fotografiert, dann ist das Zonensystem wunderbar.

In der Praxis sieht es aber dann so aus, dass ich mir mit dem Beli (Gossen ist dafür wunderbar) einen schnellen Überblick über den Kontrastumfang verschaffe. Entwicklung dann nach Erfahrung und vor allem Intuition.

Wobei ich APX und Rodinal aus meiner DuKa verbannt habe.
Guest: Mir sind seit 25 Jahren nur Dichtekurven untergekommen, die S-förmig verlaufen. Die Frage ist immer nur, wo beginnt der nutzbare Teil (D>0,1 über Schleier) und wo beginnt die Kurve oben unangenehm flach zu verlaufen (Lichterdifferenzierung immer schlechter). Sollte eine Kurve mal sehr plötzlich "nach rechts" abbiegen, also von guter Steigung auf horizontal umschwenken, und ich will sie bis zum Maximum nutzen, sind natürlich engere Testbelichtungen als nur jede 2. Zone erforderlich. Aber so etwas Gemeines habe ich in den letzten Jahren nur beim Efke25 in Rodinal 1+75 beobachtet. Da war bei D=1,3 einfach ein Deckel.

Das Zonensystem lässt sich übrigens auch wunderbar auf Farbnegativfilme anwenden. Da hatte ich dann auf einmal erstaunlich exakte Farben und, wen überrascht es noch, auch ein paar DIN weniger gemessen als auf der Packung stand.



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