Fixierbad entsilbern mit Strom

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Ich habe vor mir so eine Anlage zu bauen.

Für mich stellt sich die Frage, ob die Kathode unbedingt aus Edelstahl sein muss oder ob das eine mehr oder weniger willkürliche Wahl ist. Klar ist, dass ein elektrisch leitfähiges Material benötigt wird. Außerdem muss es eine relativ harte Oberfläche haben, sonst würde man später ein Gemisch aus Silber und Kathodenmaterial abkratzen. Weshalb aber Edelstahl? Gemeint ist natürlich "Rostfreier Stahl", also 1.4301 bzw. 18-10er oder "V2A" (Edelstahl kann nämlich so fast alles sein <img src='http://forum.fotoimpex.de/public/style_emoticons/<#EMO_DIR#>/wink.gif' class='bbc_emoticon' alt=':rolleyes:' />) Ich erinnere mich da an meine Werkstoffkunde-Vorlesung: Dieser Stahl kann unter bestimmten Bedingungen (elektrochemische Spannungsreihe) "sehr gut" rosten. Dann fallen mir die beiden Worte "Wasserstoffversprödung" und "Lochfraßkorrosion" ein. Allerdings hab ich gerade keine Lust, meine Vorlesungsunterlagen herauszukramen.

Macht ja auch nichts. Die beiden von mir genannten Dinge brauchen ja auch ihre Zeit (evtl. mehrere Jahre) und sind nur richtig interessant, wenn es um Dauerfestigkeit geht. Ich habe jedenfalls keine Angst, dass mir so ein Edelstahlpott plötzlich zusammenfällt. Trotzdem würd ich gern wissen, was man noch nehmen kann.

Lässt sich das Silber eigentlich leicht abkratzen?
Hallo Benjamin,

beim Pott drumrum geht es weniger um Materialwissenschaften für Stahlwerkstoffe. Es geht vielmehr darum, Elektrodenmaterialien zu verwenden, bei denen die Wasser-Elektrolyse durch eine geeignet hohe Überspannung gehemmt wird.

Deshalb die Kombination aus Graphit und rostfreiem Stahl. Leider spielt da auch die Oberfläche des Stahls eine durchaus wichtige Rolle. Macht man alles richtig, spielt "Wasserstoff-Versprünge" keine Rolle - Elektrolysen werden im Photolabor meist nicht unter Hochdruck vorgenommen....

Lochfraßkorrosion wird es eh irgendwann am Pott geben, dafür sorgen schon die vielen fiesen Schwefel-Anionen. Wobei es auch da ziemlich lange dauert, bis der Behälter durch Korrosion strukturbeeinträchtigt wird. Bei dem bissel Strom, was da auf den Behälter wirkt, ergeben sich Abtragungsraten im Bereich von Mikrometern pro Woche Bestromung. Also: Plastikpott drumrum um die Mimik. Lass mich raten: Du bist Ingenieur? Gute Powerpoint-Kenntnisse?

Und zum Thema "Abkratzen": Im Idealfall braucht man dazu keine Gewalt. Kommerzielle Geräte verfügen deshalb über Rotations-Elektroden samt Abstreifer samt zur Abscheidungsrate passender Drehzahl und Filtertechnik.

Bei Selbstbaugeräten muss man auf die Stromdichte und Spannung achten. Erstere wird ausprobiert, letztere ist u.a. durch die Überspannungen auch für die Silber-Elektrolyse bedingt. Mit mehr als 3,2V würde ich bei der Kombination 18/10-Kochgerätestahl und Reinstgraphit nicht arbeiten, drüber elektrolysiert man dann das Wasser gleich mit. Man kann eine zu hohe Spannung leicht an der Gas-Entwicklung an einer der Elektroden erkennen. Kurz zurückregeln und fertig. Die geeignete Stromdichte stellt sich über die veränderliche Leitfähigkeit des Elektrolyten (=Fixierbad, stetig entsilbert) dann selbst ein.

Ein diskontinuierlich arbeitendes Gerät ist für ca. 5l Füllvolumen um etwa 45,- selbst zu bauen. Bei entsprechenden Lückenkenntnissen für ein im Bereich von 1-4V regelbares Netzteil bei 2A, ohne Abstreifer und Filter.

Kommerzielle Geräte arbeiten im Misch-/Nebenstromverfahren und sind deshalb deutlich aufwändiger. Da steckt das Geld dann in der Filtertechnik und der Idiotensicherheit. Schließlich ist Otto-Normal-Photographenmeister kein ausgelernter Chemie-Laborant mit Zusatzausbildung.

Beste Grüße,

Franz (kein Ingenieur. Chemiker.)
Entsilbern wird gehen, aber festhaftende Erzstücke, das ist eine Kunst in diesem Fluidum. Du musst damit rechnen, dass anodisch Schwefelwasserstoff entsteht, durch welchen das Silber gefällt wird. Die Lösung färbt sich dann schwarz von Silbersulfid. Das kann man absetzen lassen und ggf. filtrieren.
Bleibt dran, am Sucher.



--Uwe
Da kann ich gerade auch noch einen Nachtrag beisteuern:

Bei Einsatz der Graphitstifte aus dem Graphikersortiment braucht man eine etwas höhere Spannung, weil die einen erheblichen ohm'schen Widerstand aufweisen. Beispiel: 4 parallel geschaltete Graphitstifte mit 6mm Durchmesser (Marke Gioconda aus der Bucht) 6cm tief eingetaucht braucht man ca. 5V für einen Strom von 0,5A, bei 1A schon ca. 7,5V. Bei 1A werden die Stifte fühlbar warm, aber nicht heiß. Das Fix kühlt ja.

Die Graphitstifte müssen unbedingt unlackiert sein, sonst tritt der Strom nur an der Spitze aus. Und bei der Handhabung vorsichtig vorgehen, die Stifte brechen leicht. Ich habe am oberen Ende eines jeden Stabes eine aus Messingblech gebogene 1cm lange Hülse klemmend darübergeschoben und schließe daran dann den Pluspol an.

Das Silber schlägt sich ganz locker an der Gefäßwand ab und kann z.B. mit einer alten Zahnbürste leicht weggebürstet werden. Nach der Entsilberung gieße ich das Fix ab (wird wiederverwendet), gebe etwas entmineralisiertes Wasser dazu, bürste das Silber in das Wasser und kippe alles in ein Glasgefäß, wo das Wasser dann in den Tagen darauf verdunsten darf. Fertig.

Gruß Wolfgang
Wie es auch möglich ein Stück reines Silber als Kathode zu benutzen? Nicht, dass ich so etwas hätte, aber dann wäre doch das Problem mit dem Abkratzen nicht da. Das Ganze in einem Nichtleitenden Gefäß, die Kathode würde immer mehr Silber ansammeln und immer größer werden, das Silber würde in sehr reiner Form vorliegen. Man bräuchte nur ein kleines Stück für den Anfang, woraus ein immer größeres wachsen würde. Also man hätte keinen Silberschlamm, sondern ein massives Stück.

Soweit meine Theorie, aber funktioniert das auch?
Hallo Benjamin,

es bildet sich kein festes Silbermetall, sondern Silberschlamm (kleinste fein verteilte Silberteilchen), der lose an der Gefäßwand hängt und den man ohne Kraftaufwand problemlos von der Gefäßwand bürsten kann. Es ist kein Kratzen erforderlich.

Gruß Wolfgang
Hallo Benjamin,

wenn Du mit einer Silberkathode arbeiten und die Schicht aufwachsen lassen willst, solltest Du ein paar Dinge beachten:

- die Stromdichte sollte zuerst gering sein

- demzufolge steigt die benötigte Zeit dramatisch an

- Überspannungen (sonstige Schwefelanionen-Elektrolysen...) sind in jedem Fall zu vermeiden

Es wird sicherlich funktionieren. Aber zur Entsilberung von Fixierbädern ist es nicht praktikabel. Spannung und Strom müssen während der gesamten langen Elektrolysedauer nachgeführt werden. Überspannungen müssen experimentell vor jedem neuen Versuch ermittelt werden. Zur Endpunktserkennung ist vorherige Titration auf den exakten Silbergehalt erforderlich.

So macht man irgendwann reines Silber, aber kein Recycling von Fixierbädern.

Ich bereite meinen Fixierer deshalb (noch, der nächste billige 14/10-Pott ist meiner) per Füllung mit Dithionit auf. Der ausfallende Rotz wird abgerötet und klassisch mit Koks im Tiegel verhüttet. Dann kommen 7,5% Kupfer und sonstige Metalle rein, damit das Zeug gießig wird.

Vorteile: Einfach, billig. Geräte: Alte Flasche für die Füllung, Brenner, Dreibein, Tondreieck und Tiegel.

Beste Grüße,

Franz



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