Filmwässerung mit JOBO Kaskade

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Hallo,

Das Wässern der Filme ist entscheidend über die Archivfestigkeit und sollte nicht zu leicht genommen werden. Nur wenn der Fixierer komplett ausgewaschen wird, kann der Film viele Jahre unbeschadet lagern. Die Jobo-Kaskade ist dazu schon das ideale Werkzeug. Etwas besseres ist mir nicht bekannt. Das einzige Problem ist die Wassertemperatur. Die sollte schon so um 20 Grad liegen und zwar deshalb, weil bei niedrigeren Temperaturen das Auswaschen des Fixierers erheblich länger dauern kann als die empfohlenen 5 Minuten. Die Vorgänge in der Chemie sind temperaturabhängig. Da ich nicht mein fließendes Wasser auf ungefähr 20 Grad temperieren kann, bin ich zur Ilford-Methode übergegangen. Sie liefert ebenfalls gute Resultate, dauert aber erheblich länger.

Viele Grüße

Renate
Nur, liebe Renate, komplett auswaschen dauert halt etwas lange <img src='http://forum.fotoimpex.de/public/style_emoticons/<#EMO_DIR#>/smile.gif' class='bbc_emoticon' alt=':rolleyes:' />. Wie Du als Physikerin sicher weißt haben die Güter davor eine hundsgemeine inverse Exponentialfunktion gesetzt...

Gruß Wolfgang
Hallo Wolfgang,

wer mag, kann ja die instationäre Diffusion selber nachrechnen:-) Ein stationäres System habe ich irgendwann in den letzten Monaten mal vorgerechnet. Selbst diese starke Vereinfachung bringt erstaunlich gute Ergebnisse, wie ich per chem. Analytik (Du weißt ja, dass ich weder Ingenieur noch Physiker bin) überprüft habe.

Ach da habe ich es ja wiedergefunden: [url="http://phototec.de/phorum/read.php?3,178926,178937#msg-178937"]http://phototec.de/phorum/read.php?3,17892...8937#msg-178937[/url]

Für viele Literaturgläubige überraschend mag wohl sein, dass der Temperatureffekt tatsächlich nicht allzu groß ist. Und ebenso überraschend mag für viele sein, dass die Wässerungszeiten auch ziemlich kurz gehalten werden können (eine ingenieurtechnische Herangehensweise wäre die Verdopplung der durch die Nährung erhaltenen Mindestzeit). Tatsächlich habe ich bei HP5/7°C/Jobo 1236/1l min^-1 nach 150s keinerlei Veränderung gegenüber längerer Wässerung nachweisen können.

Bedingung: Der Pott wird vor offiziellem Wässerungsbeginn mal vom Rest-Fixierer befreit. Nach Auskippen des Fixierers einfach zweimal schnell mit Wasser spülen. Dann langen (bei meinem Prozess und unter meinen Bedingungen hier) etwa drei Minuten für die archivsichere Filmwässerung.

Und dazu pfriemel ich bestimmt nicht die Cascade auf den Wasserhahn. Da schraub ich die Dose auf und lasse das Wasser direkt aus dem Hahn in das Mittelrohr laufen. Für Papiere habe ich mir mit einer aus dem Auto zweckentfremdeten Dual-Waschwasserpumpe einen halbautomatischen Wässerer gebaut: Der wälzt um, pumpt nach 30sec ab und füllt sich wieder neu. 12V-Netzteil, einen Synchronmotor mit Getriebe, drei Relais.

Die Cascade hat aus meiner Sicht mehrere Effekte:

- Es ist ein Laborgerät. Also *muss* es gut sein und man glaubt dran.

- Es zischt und brodelt. Also tut sich etwas.

- Es kostet Geld. Also *ist* es gut.

- Jeder verwendet es. Also *muss man es verwenden.

Den wichtigsten Effekt hat dieses Gerät allerdings nicht: Es beeinflusst in keinster Weise die bei der Wässerung ablaufenden Prozesse! Keine anständige Diffusion lässt sich von sprudelndem Wasser oben im Kopf der Cascade unten in der Dose bei wieder fast laminarer Strömung aus der Ruhe bringen.

In der Fachliteratur habe ich interessanterweise die vernünftigsten Äußerungen zur Wässerung beim alten Hofrat Eder gefunden. Alles danach ist Bullshit nach Art "lang und mit viel Wasser" ohne jede Kontrolle der Aussage.

Beste Grüße,

Franz
Hallo Franz,

vielen Dank für den Link zu Deinen theoretischen Überlegungen. Mit Differentialgleichungen, Laplace-Transformation usw. bin ich einst lange gef...t worden. Damit wurde gerne ausgesiebt.

Bei der Cascade fand ich immer so lustig, dass man da ein Loch zuhalten und den Hahn dann soweit aufdrehen muss, bis der Wasserpegel zwischen 2 Markierungen liegt.

Grüße Wolfgang
Wenn ich jetzt die Änderungen für und wider Jobo Cascade richtig verstehe, dann ist doch aber so, dass die Cascade nicht viel mehr bringt, als die Ilford-Methode und Konsorten. Aber: Anscheinend ist es aber auch so, dass die Cascade auch nicht schadet, oder? Ich habe bisher jedenfalls immer mit Cascade gewässert und mir ist bisher zumindest nichts Negatives an der Methode aufgefallen. Da ich obendrein an der Badewanne eine Thermostat-Mischbatterie habe (an der mittels Adapter den Perlator gegen eine Schlauchtülle getauscht wurde), ist sogar noch eine halbwegs stabile Wasser-Temperatur gewährleistet. Gut, die Temperatur des Wassers scheint ja, wie hier und in dem von Franz verlinkten Thread im Parallel-Forum dargelegt, vernachlässigbar zu sein...
Jetzt habe ich auch noch ein bisschen an dem Wässerungsmäuchen herumgerechnet. Also was Franz "drüben" am Papier durchgerechnet hat mal anhand einer 500ml Dose *ausschließlich* am Rest-Thiosulfat-Problem betrachtet. Die Frage ist: wie ist der erzielbare Restthiosulfatwert bei simplem Wasserwechsel in der Dose?

Der "worst case Film", nämlich ein höchstempfindlicher Film (30 DIN und mehr) besitzt eine Schichtdicke um 20um. Bei KB36 ergibt sich damit ein Gelatinevolumen trocken von etwa 1ccm (20um*1,6m*35mm). Wenn man eine Dose leert, bleibt allerdings mehr zurück: der Rest an der Innenwand, der Spirale und vor allem die Tropfen auf beiden Filmseiten dürften zusammen locker 5ccm ergeben. Mit einer 500ccm Dose erreicht man also pro Wasserwechsel eine Verdünnung der Salzlösung von etwa 1:100. Das heißt, löst man bei jedem Wasserwechsel dem Salz genügend Zeit für den Konzentrationsausgleich (nach den Berechnungen und Tests von Franz liegt man mit 3min bereits auf der sicheren Seite), so sinkt bereits beim dritten Waschwasser die Fixiersalzkonzentration auf 1 Millionstel der Konzentration beim Fixieren ab (1:(100*100*100)).

Und was brauchen wir, welche Restsalzkonzentration ist erlaubt? Für 100 Jahre Archivsicherheit muss man unter 50mg pro qm Film kommen (nähres unter [url="http://silvergrain.org/wiki/Washing)"]http://silvergrain.org/wiki/Washing)[/url], also 2,8mg Restsalz pro Film KB36/120. Bei 150g Salz pro Liter enthält 1ccm 150mg Salz. Das erste Wasser verdünnt auf 1/100, also 1,5mg/ccm. Würde die Salzkonzentration in der Filmschicht sich voll an die Wasserkonzentration angleichen (was theoretisch unendlich lange dauert, in der Praxis aber nach 3min ausreichend erfolgt), wären in der Filmschicht (Volumen 1ccm, mit Quellen der Gelatine vielleicht 1,3ccm) nur noch ca. 2mg Salz, d.h. man erzielt also bereits mit dem ersten Wasser Archivsicherheit! Beim zweiten Wasser enthält der Film nach 3min nur noch 0,02mg Salz usw.

Das würde also für das Thiosulfat heißen: nach dem Fixieren einfach

1) in Dose einmal Wasser rein, sofort entleeren (=Spülung)

2) wieder Wasser rein, 3min warten (=Filmwässerung)

jetzt archivsichere Wässerung bereits fertig!

Begründung:

Bei 1) wird das Restfix ausserhalb der Schicht auf 1/100 verdünnt, Fix in der Dose befindet sich jetzt zu >90% nur noch in der Schicht.

Bei 2) verteilt sich das Fix in der Schicht auf das Gesamtwasser, also Verdünnung 1:300..500, ergibt <0,5mg Salz/ccm (Soll: <2,8mg/ccm).

Die Frage ist jetzt nur noch, wie steht es um die sonstigen in der Schicht vorhandenen Salze? Gibt es welche, die die Archivsicherheit gefährden und in den 3min nicht ausreichend aus der Schicht entfernt werden?

Gruß Wolfgang
Hallo Wolfgang,

danke fürs einfache Nachrechnen :-)

Ja, man kann das nicht allein am Thiosulfat-Ion betrachten. Es entstehen verschiedene Silberthiosulfatokomplexe unterschiedlicher Löslichkeit und Stabilität.

Außerdem sind noch Halogenide in der Emulsion, die beeinflussen die Archivsicherheit ebenfalls.

Es ist aber tatsächlich so, dass diese Wässerungsorgien eine ähnliche Glaubenswahrheit sind wie der hohe Eisengehalt im Spinat.

Meine damaligen Pressefilme wurden jedenfalls nur 1min gewässert und dann mit Alkohol gespült. Sonst wären die Prints nie rechtzeitig in der Redaktion gewesen. Die Prints sind größtenteils fertig (müssen ja auch nur ein paar Stunden halten), die Negative auch nach 20 Jahren noch perfekt.

Beste Grüße,
Franz
Hallo Franz,

dann sieht die sinnvollste Filmwässerung also so aus:

1) in Dose einmal Wasser rein, sofort entleeren (=Spülung)

2) wieder Wasser rein, 3min warten

3) wieder Wasser rein, 3min warten

fertig.

Nach 2) ist Thiosulfat bereits ausreichend entfernt, 3) dient als Sicherheitswässerung für "Sonderprodukte", die als Reaktion aus Entwickler/Stopp/Fix entstanden sein könnten. Und die Kipperei kann man sich sparen, alles erfolgt mit offener Dose ohne Deckel. Danach überleben die Filme sogar den Nachwuchs, sofern vorhanden.

Bei mir gibt es auch "verboten schlampig" gewässerte Testnegative von 1970, die sehen nicht anders aus als die gründlich gewässerten.

Gruß Wolfgang
Theorie und Praxis,

Ich habe in meinem Leben schon viele wertvolle Filme und Fotoplatten gesehen, die durch mangelnde Auswässerung irreversibel defekt waren. Dabei hatte man da schon viel gründlicher gewässert, als bei den obigen theoretischen Betrachtungen berechnet wurde.

Eine Theorie gilt erst, wenn experimentell bestätigt wurde. In dem Sinne, viel Spaß beim Nachmessen.

Viele Grüße

Renate
Hallo Renate,

da wäre es aber interessant, anhand 1 Beispiel zu erfahren:

- was für ein Filmmaterial es war

- Verarbeitungsschritte dazu

- wie gewässert wurde

- wie anschließend gelagert wurde (Temperatur, Feuchte)

- nach welcher Zeit der Verfall sichtbar wurde

- wie sich der Verfall äußerte

- was die für den Verfall verantwortlichen Substanzen waren

Gruß Wolfgang



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