(10-06-2023, 10:11 AM)Kunibert schrieb: Vielen Dank für die Informationen über die aktuelle Lage bei den Herstellern der Fotochemie.
Mich würde zusätzlich noch interessieren, wie es eigentlich um Farbfilme steht.
Einige Meldungen im Internet und auch eine Presseerklärung von Fujifilm selbst lassen vermuten, dass die Produktion dort stillsteht.
Ferrania scheint nicht aus dem Knick zu kommen.
Wolfen/Orwo ist undurchsichtig und scheint auch eine wackelige Kiste zu sein.
Silberra? Solange die Russland Sanktionen bestehen, wird von denen vermutlich nicht bei uns auftauchen.
Bei vielen Film steht, dass sie derzeit gar nicht verfügbar sind. Und für noch vor kurzem billige Farbnegativfilme werden heute mindestens zehn Euro verlangt, mit steigender Tendenz.
Sind weitere Hersteller in Sicht und falls ja, zählen dazu welche, die nachhaltig eine stabile Qualität und Produktion gewährleisten können? Wie ist Adox in der Hinsicht aufgestellt?
Meines Erachtens sind einige billige Farbfilme nötig, um die analoge Fotografie auch eher einkommensschwachen jungen Leuten, also dem Nachwuchs, zu ermöglichen.
Ich kann nicht über Wettbewerber sprechen aber über ADOX und über Farbfilme im allgemeinen. Nach meinem Kenntnisstand gibt es aktuell drei Hersteller weltweit, welche Farbemulsionen herstellen können:
Kodak in Rochester
Polaroid in Mohnheim (ehemals Inoviscoat, ehemals Agfa)
Fuji in Japan aber sie beschränken sich auf Sofortbildfilmverfahren wie Instax
Weitere Hersteller sind mir nicht bekannt.
Wir bei ADOX sind noch nicht so weit. Wann wir Farbfilme herstellen können und zu welchem Preis ist noch nicht sicher.
Mit relativer Sicherheit können wir den HELIOS ankündigen aber der basiert auch auf Rohstoffen einer Firma, welche keine Farbfilme mehr herstellt.
Aktuell stehen wir bei den Reifreihen neuer Emulsionen- der Weg ist noch weit.
Die Entwicklung und Herstellung eines Farbfilmes in der angesprochenen Konstanz und Qualität ist etwas für Firmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern.
So eine Firma ist bei dem heutigen Marktniveau und Lohnkosten in den G20 Staaten eine Illusion.
Ausnahmen existieren da, wo Firmen direkt das Erbe solcher größeren Firmen fortführen z.B. bei Polaroid die die Agfa Technologie weiter führen.
Ferrania hat (theoretisch) ebenfalls Chancen und wir haben sie auch. Ein angemessener Preis für einen Farbfilm in der umrissenen Qualität liegt bei heutigem Absatzniveau ungefähr bei 50 EUR. Das wäre der Preis, den man in jeder anderen Industrie für ein Produkt dieser Komplexität -bei gegebenen Absatzmengen- bezahlen müsste. Der Grund warum solche Preise bisher nicht eingefordert worden sind, lag in dem ruinösen Wettbewerb in der Branche im allgemeinen und zwischen Fuji und Kodak im besonderen mit dem Ergebnis, dass beide Firmen in ihren Filmsparten von der Substanz gelebt haben (Verschleiß des Humakapitals und Maschinenparks). Fuji hat dann schließlich aufgegeben und Kodak hat jetzt das Problem der Nachfrage nicht mehr Herr zu werden, da sowohl die Produktionsanlagen verschlissen sind als auch keine angelernten (Prozess dauert gut und gerne drei Jahre und mehr) Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. In der Zwischenzeit nähern sich die Preise erst einmal einem fairen Marktniveau an, was den verbliebenen Herstellern ermöglicht die notwendigen Investitionen zu tätigen. Wo sich dann (und wann) ein Gleichgewicht einstellen wird, müssen wir noch abwarten. Vielleicht liege ich mit meinen 50 EUR auch außerhalb der Realität aber wenn ich mir ansehe was mit Klobrillen oder Isolierstoffen verdient wird und welche Krumen die Fotoindustrie im Vergleich dazu einsammelt, dann stimmt da etwas nicht. Es gibt kaum noch Arbeitskräfte und wenn man welche haben möchte, muss man denen etwas bieten. Das geht nicht mit 5 EUR pro Film. Solche Preise gehen nur, wenn man vor hat recht bald den Laden abzuschließen.
Daher stimme ich nicht zu, dass es einen Notwendigkeit für weitere Billigfilme gibt.
Aktuell könnten wir schon 30 EUR für einen Farbfilm nehmen, wenn wir denn nur welche hätten.......